Vor dem ersten Länderspiel, musste zuerst die Nationalmannschaft gebildet werden. Aus einer Auswahl von 50 Spielern blieben schliesslich 15 Spieler übrig, welche für den ersten Einsatz ins Aufgebot kamen. Mit ihrem Trainer Fritz Müllener und Georg Rothenberger bestritt die National-Elf vor ihrem Ernstkampf zuerst 4 Trainingsspiele.
Der ETV schaffte damals die zwölf roten Leibchen mit weissem Kreuz für die Nationalmannschaft an. Die Spieler mussten für ihre weissen Hosen, schwarzen Strümpfe und Schuhe selber aufkommen.
Die Schweizer Nationalmannschaft wurde von der deutschen Sportbehörde für ihr erstes Länderspiel nach Augsburg eingeladen und übernahmen die gesamten Kosten für die Reise und Unterkunft.
Die Schweizer Delegation staunte nicht schlecht, als sie nach langer Anreise in Augsburg aus dem Zug stiegen: Den Weg zum Hotelautobus musste sie sich durch eine mehrtausendköpfige Menschenmenge bahnen. Und unterwegs zum Palasthotel "Drei Mohren", wo schon Könige und Kaiser logiert hatten, stellten die Länderspielneulinge mit Erstaunen fest, dass Strassen, Plätze und öffentliche Gebäude wie für einen Staatsempfang in prächtigstem Flaggenschmuck standen.
Tor: Gysin Willy ATV Basel, Ersatz Kipfer TV Kleinbasel
Verteidiger: Stammbach Adolf TV Kaufleute Basel, Kirsch Georg, TV Kaufleute Zürich, Ersatz Herkenrath Erland Grasshoppers
Läufer: Burkhardt TV Kaufleute Zürich, Schmid Karl Grasshoppers, Simon Emil ATV Basel, Ersatz Blösch Max (Winterthur)
Stürmer: Meyer Werner ATV Basel, Mischon Georg Bern-Akademiker, Hufschmid Ernst ATV Basel, Morgenthaler Robert GG Bern, Seiterle Eugen Grasshoppers, Ersatz Rouilly André Amis Gyms Lausanne
H. Das von der Spiko des E.T.V. angeordnete erste Trainingsspiel der Handball-Nationalmannschaft für das Länderspiel Deutschland - Schweiz findet am 31. März auf der Schützenwiese in Winterthur gegen eine dortige verstärkte Stadtmannschaft statt. Als Spieler hierfür sind von der Spiko aufgeboten:
Tor: Gysin (Basel-Abstinenten), Ersatz: Kipfer (Klein-Basel)
Verteidiger: Stammbach (Basel-Kaufleute), Kirsch (Zürich-Kaufleute), Ersatz: Herkenrath (G. C. Zürich)
Läufer: Burkhardt (Zürich-Kaufleute), Schmid (G. C. Zürich), Simon (Basel-Abstinenten), Ersatz: Blösch (Winterthur)
Stürmer: Meyer (Basel Abstinenten), Mischon (Bern Akademiker), Hufschmid (Basel Abstinenten), Morgenthaler (G. C. Zürich), Seiterle (G. C. Zürich), Ersatz; Rouilly (Lausanne-Am. Gym.), Streib (Basel Abstinenten).
Das Spiel findet nachmittags 2.45 Uhr statt und wird von Hans Urech, Sekretär der Spiko des E.T.V., geleitet.
H. Zu einem recht bedeutsamen handballerischen Ereignis gestaltete sich das gestern Sonntag bei aprillaunigem Wetter auf der Winterthurer Schützenwiese ausgetragene erste Trainingsspiel der für das Länderspiel vom 19. Mais in Augsburg in Betracht kommenden Spieler einer schweizerischen Mannschaft, die einer aus deren Ersatzleuten verstärkten Winterthurer Stadtturnerelfgegenüberzutreten hatte. Nach einem kurzen vormittäglichen theoretischen Teil, in welchem die notwendigen Richtlinien für eine erfolgversprechende Spielmethode am kommenden Auslandtreffen besprochen wurden, nahm das Spiel am Nachmittag vor annähernd 1000 Zuschauern unter der sicheren Referie von Hans Urech (Aarau) seinen Verlauf, wobei gleich ein flottes Tempo einsetzte, die "Nationalen" sich rasch gegenseitig einzuspielen verstanden und namentlich in der gegnerischen Abdeckung und mit weiten Vorlagen den Stadtturnern um einiges über waren. Aber auch die Winterthurer liessen sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen und vorab war es ihre Verteidigung, als deren Tormann der Solothurner Flury, sich durch besonders geschickte Abwehr hervortat, so dass das Spiel bis zur 15. Minute sich durchaus offen gestaltete.
Dann gelang den Gästen ein schön aufgebauter und mit weiten Vorlagen hergestellter Angriff, den Hufschmid (Basel-Abstinenten) als nationaler Mittelstürmer mit rasantem Wurf verwertete und der kurz nachher die Winterthurer Verteidigung schlug. Aber auch für die Stadtturner reichte es in den nächsten Minuten zum ersten Erfolge, für den der rechtsinnen stehende Streib (Basel-Abstinenten) zeichnete, während einige weitere Chancen nicht positiv ausgewertet werden konnten. Dafür gelangen den "Nationalen" bis zur Pause durch Mischon (Bern-Akademiker) und Meyer (Basel-Abstinenten) zwei weitere unhaltbare Tore.
Nach einigen erfolgten Umstellungen kam Winterthurs linker Flügel (Rüegg) nach der Pause schon im ersten Angriff erfolgreich durch, worauf auch der Gegner ein Tor aufholte. Die "Nationalen", als deren Sturmführer, der Lausanner Rouilly aus der von Schmid (G. C. Zürich) geführten Läuferlinie sicher bedient wurde, setzten nun Winterthurs Tor andauernd unter Druck und vermochten in der Folge ihr Skore um drei weitere Treffer zu erhöhen, während Winterthur trotz aller Aufopferung nicht mehr zum Erfolg kam und so zahlenmässig eine etwas unverdient hohe Niederlage entgegennehmen musste.
Tor: Flury TV Solothurn
Verteidiger: Stammbach Adolf TV Kaufleute Basel, Kirsch Georg TV Kaufleute Zürich
Läufer: Herkenrath Erland Grasshoppers, Schmid Karl Grasshoppers, Simon Emil ATV Basel
Stürmer: Rouilly André Amis Gyms Lausanne, Mischon Georg BTV Bern, Hufschmid Ernst ATV Basel, Morgenthaler Robert GG Bern, Seiterle Eugen Grasshoppers
Torschützen: Mischon 2, Hufschmid 2, Seiterle 1; Schneider 3, Clauss 2, Stammbach 1.
Schützenmatte. - 600 Zuschauer. - Torschützen: Michon (2), Hufschmid (2), Seiterle; Schneider (3), Clauss (2), Stammbach. - Schiedsrichter: Degen (Basel).
Lz. Es ist nicht der Zweck eines Trainingsspiels, dass die Auswahlmannschaft möglichst viele Tore unter Dach bringt; Hauptzweck bleibt vielmehr: das Zusammenspiel der Leute auszubilden und zu verfeinern und daneben - bei einer erstmals zu einem Länderspiel antretenden Mannschaft sicher auch! - einen gewissen unerlässlichen Korpsgeist zu schaffen.
Heute hat das schweizerische Auswahlteam gegen die Basler Städtemannschaft gespielt und dabei den kürzeren gezogen. Das ist nicht tragisch. Unerfreulich ist bei der ganzen Angelegenheit aber das eine: dass die elf Leute, die nun in aller nächster Zeit unser Land in Augsburg gegen die Deutschen vertreten müssen, sich noch nicht zu einer schlagkräftigen Einheit zusammenfinden konnten.
Die Aufstellung der Schweizer Auswahlmannschaft war folgende:
Flury (Solothurn); Stammbach II (Basel), Kirsch (Zürich); Herkenrath (Zürich), Schmid (Zürich), Simon (Basel); Rouilly (Lausanne), Mischon (Bern), Hufschmid I (Basel), Morgenthaler (Bern), Seiterle (Zürich). - Basels Städtemannschaft hatte folgendes Aussehen: Gisi; Baumann, Grether;Faes, Streib, Wartmann; Schneider, Stammbach, Clauss, Ingold, Hufschmid II.
Ohne dass wir hier auf den Spielverlauf eingehen wollen, sei doch gesagt, dass die Basler den Nationalen kombinatorisch überlegen waren. Dazu kam, dass der Torwächter der Nationalen einen schwachen Tag hatte, vom Goalkeeperinstinkt war bei ihm nicht viel zu sehen. Auch nicht überzeugend besetzt waren die hinteren Linien: Stammbach als kaltblütiger, körperlich starker Back war noch der Beste - er wird sich sicher auch im Länderspiel gut halten, was vorderhand von Kirsch, der taktisch nicht auf der Höhe ist, und Herkenrath, der körperlich zu schwach ist, nicht sicher zu erwarten ist. Schmid, als Ruderer wie als Handballer durch seine Zähigkeit bekannt, lief auf dem Mittelläuferposten auch nicht zur Hochform auf: wie er dann nach der Pause in den Sturm ging, bedeutete er für diesen eine deutliche Verstärkung.
Simon, klein, zähl, balltechnisch vorzüglich, dürfte seinen Platz im Team behaupten. Im Sturm ging es lange, bis die fünf Leute auf Hochtouren kamen. Die Hauptschuld daran trägt wohl der Halblinke, der in der ersten Halbzeit immer wieder das retardierende Moment darstellte und nachher mit Recht ersetzt wurde. Die beiden Flügel scheinen recht schnell zu sein. Seiterle ist etwas schussgewaltiger als sein Gegenüber, auch etwas nervöser. Unbedingtes Zutrauen kann man zu Mischon, dem Berner Sportlehrerund Allround-Sportsmann, haben. Mit souveräner Ruhe half er überall aus, wo Not am Mann war. Es frägt sich nur, ob er dabei nicht oft zu weit in die Verteidigung zurückgeht - wenn er hinten ist, fehlt er nämlich vorne! Das ist nicht nur eine Binsenwahrheit... Hufschmid, der ein Spiel vom Vortag in den Beinen hatte, wirkte zuweilen etwas matt: dennoch ist er natürlich der Mann, der in die Sturmmitte der ersten schweizerischen Handball-Nationalmannschaft gehört.
Wie diese kurze Kritik zeigt, wird wohl an einigen Stellen ausgebessert werden müssen. Auf Halblinks sollte vielleicht einmal Clauss (Rotweiss-Basel) ausprobiert werden; für die Läuferlinie kann der Basler Abstinentenmann Streib vorgeschlagen werden. Und in der Verteidigung? Hier wird es sicher der Spielkommission nicht allzu schwer fallen, noch einen tüchtigen, vor allem einen körperlich tüchtigen Mann herauszufinden. Denn gerade gegen die Deutschen werden nur körperlich hundertprozentig fite Leute bestehen können.
Tor: Gysin Willy ATV Basel
Verteidiger: Stammbach Adolf TV Kaufleute Basel, Herkenrath Erland Grasshoppers
Läufer: Simon Emil ATV Basel, Streib Max ATV Basel, Gantenbein Burkhard Grasshoppers
Stürmer: Seiterle Eugen Grasshoppers, Schmid Karl Grasshoppers, Hufschmid Ernst ATV Basel, Mischon Georg BTV Bern, Köpfli Martin Grasshoppers
Das Spiel beginnt wie ein richtiger Ländermatch: mit dem Photografieren beider Mannschaften.
Die Nationalmannschaft spielt rot-weiss, die Berner sind schwarz-weiss.
Nationalmannschaft: Gysin (Abstinenten Turnverein Basel), Stammbach (Turnverein Kaufleute Basel), Herkenrath (Grasshoppers), Gantenbein (Grasshoppers), Streib (Abst. T.V. Basel), Simon (Abst. T.V. Basel), Köpfle (Grasshoppers), Mischon (Akademiker Bern), Huffschmid (Abst. T.V. Basel), Schmid (Grasshoppers), Seiterle (Grasshoppers).
Stadtmannschaft: Holzer, Studer, Jäggi, Hadern (alle Stadtturnverein), Adam, Ragaz (G.G.B.) (Adam Bürger), Brönnimann (G.G.B.), Stähli (Akademiker), Joss (Bürger) (Baumann, G.G.B.), Zürcher (Stadtturnverein)
Schiedsrichter Urech (Aarau).
Das Spiel beginnt mit Mittelfeldspiel ohne Torschüsse. Auch die Berner kommen vor das gegnerische Tor, sind aber zu unexakt. Der Ball landet immer bei der Verteidigung.
Die Roten glänzen vor allem mit ihrem sehr guten Sturm. Das Stellungsspiel der Stürmer ist hervorragend. Mischon ist das aufbauende Element und wird von beiden Seiten sehr gut unterstützt. Allerdings ist die Berner Verteidigung sehr schwach.
In regelmässigen Abständen schiessen die Nationalen ihre Tore. Ihre Flügel sind immer frei und schiessen sehr gut. Vor allem Seiterle. Es ist ein sehr gutes Zeichen für die Schiesskunst des Sturmes, dass fast alle Schüsse unhaltbare Tore sind. Kaum einer geht daneben , nur ganz wenige sind haltbar.
Mit 6:0 geht es in die Pause. Nachher wird die Berner Mannschaft umgestellt: Baumann (G.G.B.) spielt Mittelstürmer, Morgenthaler (G.G.B.) Halblinker und Adam (Bürger) linker Läufer. Baumann fürgt sich gut ein und schiesst kurz nach Beginn das erste Tor der Schwarzen. Doch bald heisst es 7:1, und dann kommen wieder die Berner zu einem Erfolg. Verschiedene Tore der Roten werden nicht gegeben wegen Offside. Die Kombinationen ihres Sturmes sind oft wunderschön. Die Schüsse alle sehr gefährlich. Bis zum Schluss schiessen sie im ganzen 13 Tore, während die Berner noch eines einwerfen können.
Das Spiel der Nationalmannschaft berechtigt zu schönen Hoffnungen. Man darf aber nicht vergessen, das Deutschland die führende Handballnation ist. kz.
Cheftrainer Hans Urech
Torhüter: Gysi Willy ATV Basel
Verteidiger: Herkenrath Erland Grasshoppers, Stammbach Adolf TV Kaufleute Basel
Läufer: Simon Emil ATV Basel, Streib Max ATV Basel, Gantenbein Burkhard Grasshoppers
Stürmer: Seiterle Eugen Grasshoppers, Schmid Karl Captain Grasshoppers, Hufschmid Ernst ATV Basel, Köpfli Martin Grasshoppers, Mischon Georg BTV Bern
Ersatz: Kirsch Georg TV Kaufleute Zürich, Rouilly André Amis Gyms Lausanne
Torschützen: Seiterle, Hufschmid E., Mischon je 2
Das erste Handball-Länderspiel zwischen Deutschland und der Schweiz gestaltete sich in jeder Beziehung zu einem grossen Erfolg. Der Kampf nahm einen ungemein spannenden Verlauf; die gezeigten Leistungen standen durchwegs auf beachtenswerter Höhe. Deutschlands Sieg wurde von den zehntausend Zuschauern mit Begeisterung aufgenommen und war verdient, obwohl die Schweizer ein überraschend gutes Spiel lieferten.
Die Schweizer Handball-Nationalmannschaft bestreitet nächsten Sonntag in Augsburg das erste Länderspiel und trifft dabei auf die deutsche Repräsentative. In der bayrischen Stadt sind grosse Vorbereitungen für die Abhaltung dieses Spiels getroffen worden, das nachmittags 16 Uhr beginnt und vom deutschen Schiedsrichter Julius Marquardt (Esslingen) geleitet wird. Die Aufstellungen der beiden Mannschaften sind wie folgt bekannt gegeben worden:
Schweiz: Gysi (Abstinenten-Basel). - Stammbach (Kaufleute Basel), Herkenrath (Grasshoppers). - Gantenbein (Grasshoppers), Streib (Abstinenten-Basel), Simon (Abstinenten-Basel). - Köpfli (Grasshoppers), Mischon (Akademiker Bern), Hufschmid (Abstinenten-Basel), Schmid und Seiterle (beider Grasshoppers). - Ersatz: Kirsch (Kaufleute Zürich), Rouilly (Amis Gym Lausanne). - Die Mannschaft wird begleitet von Hans Urech und Georg Rothenberg von der Spielkommission des ETV.
Deutschland: Olpp (Esslingen). - Pfeiffer (Darmstadt), Brohm (Schwanheim). - Rutschmann (Mannheim), Kohn (Stuttgart), Stahl (Darmstadt). - Goldstein und Hirsch (beide Fürth), Spengler (Mannheim), Spalt und Rothermel (beide Darmstadt).
(Abschrift von der Original-Zeitung und ist als zeitgenössisches Dokument der damaligen Zeit zu verstehen)
„Das erste Handball-Länderspiel zwischen Deutschland und der Schweiz gestaltete sich in jeder Beziehung zu einem grossen Erfolg. Der Kampf nahm einen ungemein spannenden Verlauf: die gezeigten Leistungen standen durchweg auf beachtenswerter Höhe. Deutschlands Sieg wurde von den 10‘000 Zuschauern mit Begeisterung aufgenommen und war verdient, obwohl die Schweizer ein überraschend gutes Spiel lieferten.“
Dieses Urteil war nach dem Spiel allgemein zu hören und stand am Montag nach dem Länderkampf übereinstimmend in den gross aufgezogenen Sportberichten der verschiedenen Augsburger- und Münchner-Zeitungen. Alle Turner, die etwa wegen der 14:6 Niederlage über unsere Handballer oder über unsere Spielbewegung überhaupt den Stab brechen wollten, oder untröstlich waren, mögen durch obiges Urteil belehrt werden, dass es um die Schweiz nicht so schlimm stand, dass sie im Gegenteil die Achtung des führenden Handballvolkes erzwang. Dieser Achtungserfolg muss aber unbedingt ausgenutzt werden, und unsere schweizerische Handballbewegung soll durch ihn neuen, systematischen Auftrieb erhalten.
Voll Vertrauen haben die Zentralbehörden des Eidg. Turnvereins der Spielkommission die Vollmacht erteilt, die schon seit Jahren pendente Einladung der deutschen Handballer anzunehmen und die ihr als möglich erscheinenden Massnahmen zu ergreifen, um eine starke Mannschaft stellen zu können. Über diese Vorbereitungen sind die Leser der Turnzeitung genügend auf dem laufenden gehalten worden, so dass wir uns mehr mit einem Berichte über die Augsburgerreise abgeben können.
Wir nehmen den Mund nicht zu voll, wenn wir uns nicht nur als Gäste des Deutschen Fachamtes für Handball fühlten, sondern dass die Ankunft der 15 einfachen Eidgenossen eine Angelegenheit der Stadt Augsburg und der Sportgaue Bayern und Schwaben war. Am Bahnhof wurden wir mit Blumensträussen beschenkt, die uns der Beauftragte der Stadt, Herr Rechtsrat Dr. Förg, überreichte, und auch der Fachamtsleiter für Handball bei der deutschen Behörde, Herr Brigadeführer Herrmann, sandte seinen Sekretär und Manager der Mannschaft, Herrn Nothelfer, mit Blumen an den Bahnhof. Rührte uns schon diese herzliche Aufmerksamkeit, so steigerte sich unser Staunen noch mehr, als wir uns am Bahnhof unseren Weg durch eine mehrtausendköpfige Menschenmenge zum Hotelautobus bahnen mussten. Und die Strassen der Stadt, die öffentlichen Plätze und Gebäude standen im prächtigsten Fahnenschmuck. Die Farben des Deutschen Reiches und unser liebes Schweizerkreuz in rotem Felde! Wen sollte diese besondere Aufmerksamkeit nicht tief ergriffen haben? Im ersten Hotel der Stadt, wo Herzöge, Könige und Kaiser schon abgestiegen sind, im Palasthotel „Drei Mohren“, waren wir fürstlich aufgehoben. Wir alle fühlten uns geborgen und waren überrascht und im Stillen ein wenig beschämt ob dieser Gastfreundschaft. Nach einer kurzen Fahrt zum Sportplatz, wo der Länderkampf stattfinden sollte, und nach einigen kurzen Ballübungen verzogen sich die Spieler bald nach dem Nachtessen in ihre Zimmer. Georg Rothenberger und der Berichterstatter aber sassen noch mit einigen deutschen Sportkameraden bis tief in die Nacht bei einem „Glaserl Wein“ zusammen, wo viele Worte der Kameradschaft und echter sportlicher, turnerischer Gesinnung ausgetauscht wurden. Eine ausgezeichnete Stimmung herrschte, welcher selbst das draussen niedergehende Schneegestöber keinen Eintrag tun konnte.
Umso goldener brach der Sonntag an, der uns neben dem Spiel noch viele gesellschaftliche Überraschungen bringen sollte. Das Fachamt für Handball hatte die schweizerische Gesandtschaft in Berlin zum Besuche des Spiels eingeladen, welche das Generalkonsulat in München mit der Vertretung beauftragte und das uns seinen Kanzler, Herrn Hochstrasser – ein Appenzeller -, schickte. Auch der Schweizer Verein in Augsburg war zum Spiele eingeladen worden. Und wir lernten in den Herren Hochstrasser, Egolf, Bachmann, Sturzenegger, Zuber, Oetiker, Keller usw. liebe Landsleute kennen, welche schon seit Jahren und Jahrzehnten in fremdem Lande Schweizerhandwerk und Schweizersinn – oft unter erschwerten Verhältnissen – vertreten. Bevor wir uns am Sonntagmorgen zum offiziellen Empfang durch die Stadt Augsburg im «Goldenen Saale» des Rathauses begaben, hatten wir im Kreise unserer Landsleute eine stille Minute schweizerischen Fühlens und Denkens, wo das Band enger Verbundenheit und eidgenössischen Empfindens uns unsichtbar enger Umschloss. So ging’s dann mit Nationalitätsbewusstsein und Schweizersinn ins Rathaus. Eine historische Stätte, ein Kunstwerk seltener Art! Die beiden Ländermannschaften nahmen im Saale Aufstellung, und dann erfolgte eine herzliche Begrüssung den Oberbürgermeister der Stadt, Herrn Mayer, der sich freut, dass das Spiel in Augsburg stattfindet, und die Stadt dadurch mitarbeiten könne an der völkerverbindenden Idee des Sports. "Wir Augsburger haben nur den heissen Wunsch, dass sie sich in Augsburg wohlfühlen und die besten persönlichen und sportlichen Eindrücke mit nach Hause nehmen", wendete er sich an uns, und überreichte allen Spielern und offiziellen Begleitern die silberne Sportehrennadel der Stadt und ein Buch über Augsburgs Geschichte und Kunstwerke. Herr Brigadeführer Herrmann, der ebenso sympathische als zielsichere Leiter des Deutschen Handballs, fand Worte des Dankes für Augsburg. Er wies hin auf die wunderbar universelle Idee des Sportes im Allgemeinen und der deutschen Sportaufgabe im Besonderen und hofft, dass wir Schweizer, wie das nach dem grossen Weltkrieg geschah, auch jetzt wieder, wo Deutschland und sein völkisches Streben so oft verkannt werden, durch unsere heutigen Eindrücke und durch das Spiel zu einem gerechten Urteil, über Deutschland kämen. Von besonderer Herzlichkeit und sportlicher Gesinnung war aber seine offizielle Begrüssung der Schweizermannschaft in der Fach- und übrigen Presse. Wir lassen hier im Wortlaut folgen:
«Unseren Schweizer Sportkameraden zum Gruss!
Das Vorolympische Jahr bringt der Deutschen Nationalmannschaft eine Reihe bedeutender Prüfungen: die Länderkämpfe. Das Spiel Deutschland – Schweiz ist das erste der Reihe und zugleich die erste Begegnung der beiden Nationalmannschaften überhaupt.
Dieser Umstand erinnert daran, dass die Schweiz nach dem Kriege als erstes Land die sportlichen Verbindungen mit Deutschland aufnahm. Wir danken diese Tat dem aufrechten Land, das schon während des grossen Krieges für unzählige Kranke und verwundete Soldaten und deutsche Kinder eine Wohltäterin war.
Ich begrüsse deshalb mit besonderer Freude und ausgezeichneter Herzlichkeit die Söhne dieses kraftvollen Landes. Durch diese Gastfreundschaft, ritterliches Spiel und treue Kameradschaft wollen wir nach unserem bescheidenen Vermögen einen kleinen Teil der Dankesschuld abtragen, Brücken für eine dauernde Sportfreundschaft bauen, der gegenseitigen Verständigung dienen und für eine friedliche, starke Zukunft der beiden Länder unsere volle Kraft einsetzen.
Schweizer Freunde, seid herzlich willkommen im schönen Augsburg!
Richard Herrmann, Fachamtsleiter und Brigadeführer.»
Es blieb dem Berichterstatter vorbehalten, diese herzlichen Empfänge zu verdanken, und er tat es in dem Sinne, dass er darauf hinwies, wie wir Schweizer uns nicht schämen oder zu stolz fühlen, um beim grossen Bruder Deutschland sportlich in die Lehre zu gehen. Er wolle auch das heutige Spiel als Lehrspiel aufgefasst wissen, wo die Schweizer wacker kämpfen und in sportlicher, ritterlicher Art dem ersten deutschen Gegner härtesten Widerstand leisten wollen. Wir haben, so schloss der Berichterstatter seine Ansprache, in so überzeugend herzlichen Art in Augsburg und im Fachamt für Handball Aufnahme gefunden, haben uns von dem lebensbejahenden Geiste, der wieder in die Herzen des deutschen Volkes eingezogen ist, auf Schritt und Tritt überzeugen können, dass wir, wenn wir in die Schweiz zurückkehren, dies überall, persönlich und durch die Presse, kundtun werden.
Von besonderer Herzlichkeit und Kameradschaft waren die letzten Stunden vor dem grossen Kampfe. Da waren nur noch die Spieler und ihre Führer zusammen. Keine Trennung, kein Misstrauen war da vorhanden, im Gegenteil. Einträchtig sassen Deutsche und Schweizer zusammen, tauschten Gedanken und ihre Unterschriften aus. Alle stellten sich gegenseitig vor und standen schon vor dem Kampfe auf kameradschaftlichen «Du». Der deutsche Handballführer sprach u.a.: «Ihr Schweizer Sportkameraden habt das gute Recht zu siegen, ihr deutschen Handballer aber habt die Pflicht das zu tun, weil unser neues Land, unsere deutsche Heimat, solche Siege braucht.»
Nachdem wir unsere Leute nochmals auf ihre grossen Aufgaben aufmerksam gemacht hatten und wir allgemein guter Dinge waren, ging’s auf den Sportplatz hinaus. Und bald begann das grosse Spiel, das für uns nicht nur ein Lehrspiel, sondern ausserdem unser erstes Länderspiel war. Musikkorps, Nationalhymnen, Austausch kleiner Wimpel durch die Spielführer, eröffneten auf feierliche, wirklich grosse Art den
Schon in meinen ersten Berichten habe ich darüber referiert, so dass ich mich heute nur auf einige Hauptbeobachtungen beschränken kann. Es ist zu sagen, dass die Deutschen eine prächtig geschlossene Mannschaft hatten, die auch ohne vorheriges Zusammenspiel als Einheit wirkte und sowohl im Angriff wie in der Verteidigung nach einem Plane arbeitete. Unsere Mannschaft bestand wohl aus guten Einzelspielern, die aber nur über kurze Strecken als Einheit operierten, dann aber sofort auch sehr gefährlich wurden. Auffallen musste bei den Deutschen die Sicherheit in der Ballführung, das rasche Abspiel, das intelligente Freistellen, die raschen Läufe und die überaus wuchtigen, gut platzierten Torschüsse. Da gab es kein langes Fackeln, Ballhalten, Spielen um des Spiels willen. Es war ein bewusstes Handeln mit dem einen Zweck und Ziel: Tore zu schiessen, den Sieg zu erringen. Aber auch ihre Verteidigung war ganz grosse Klasse, und speziell ihr Torhüter und die Aussenläufer machten unseren Stürmern sehr zu schaffen. Aber nicht alles, was bei Deutschland hervorzuheben war, fehlte etwa unseren Spielern. Im Gegenteil. Das, was die SPIKO in den vier Trainingsspielen der Mannschaft beigebracht hatte, wurde von unseren Spielern so gut als möglich angewendet. Sie konnten aber nur so lange ihre Spiele spielen, als ihnen das der Gegner erlaubte. Und weil die deutsche Verteidigung wirklich gut war, ihre Stürmer durch ihre Raschheit und kühnen Angriffe unsere Hintermannschaft vor schwer zu lösende Aufgaben stellten, muss man sich sicher freuen, dass unsere Spieler den Kopf nicht verloren und immer und immer wieder versuchten ihre Reihen zu organisieren. Die einzigen Fehler, welche die Stürmer nicht ablegen wollten, war die Vernachlässigung der beiden guten Flügelstürmer, oder deren zu späte Einsetzung; dann das unfruchtbare Dreiinnenspiel, ohne Steilvorlagen und Durchbrüche. Unser Spiel war auch zu weich, weil sich unsere Mannschaften noch nicht an so harte Kämpfe gewöhnt sind, wie sie der deutsche Spieler Sonntag für Sonntag in ihren Meisterschaftsspielen durchstehen müssen. Mit nur sechs Meisterschaftsspielen pro Saisonbildet sich noch keine harte routinierte Mannschaft. Man darf zudem sagen, dass das Resultat mit 12:8 Toren für Deutschland dem Spielverlauf besser entsprochen hätte, weil selbst nach deutschem Urteil das 1. Und 11. Nicht hätten gegeben werden dürfen, und weil anderseits unsere Stürmer mit einigen Torschüssen reichlich Pech hatten, ohne dass wir dadurch die glänzende Arbeit des deutschen Torwartes Olpp etwa herabmindern wollten.
Was aber die Deutschen besonders auszeichnete und sie als Mannschaft stempelte, war ein einheitlicher Wille, ein System, ein zielbewusster Aufbau. Dieser wird nun schon seit Jahr und Tag betrieben durch den Olympiadetrainer für Handball, Herrn Kaudinya, welcher im ganzen Reich herumreist und die Olympiakandidaten auswählt und in Kursen und Lehrgängen trainiert und zu Mannschaften zusammenstellt, welche gegen ausländische Gruppen anzutreten und sich zu bewähren haben. Dem deutschen Fachamt für Handballer sind etwa 400'000 Handballer unterstellt. Aus diesen hat der Trainer 5 bis 6 Ländermannschaften aufgestellt, welche in diesem Jahr noch gegen die Schweiz, Holland, Dänemark, Schweden, Polen, Ungarn, und Österreich spielen sollten. Das ist wirklich zielbewusste Arbeit auf lange Sicht, welche aber jetzt schon herrliche Erfolge aufweist. Wie bescheiden nimmt sich dagegen unsere Vorbereitung auf den Länderkampf, unsere ganze Handball- und Spielbewegung überhaupt aus! Ich weiss, dass bis heute das Spiel nur eine Ergänzung zum übrigen Turnbetrieb darstellte und Vereine und Verbände die Teilnahme eines Spielers in einer Gruppe vom Selektionsturnen abhängig machen. Wollen wir aber im Spiel weiterkommen und wollen wir besonders dem Handball internationale Bedeutung verschaffen, wie siw unsere Sektionen, Ringer und Kunstturner geniessen, dann müssen wir auch im Spiel neue Wege beschreiten und die Ausbildung unserer Spieler ähnlich organisieren wie die Kunstturner, oder wie der deutsche Handballbund. Darüber wird nächstens nochmals zu sprechen sein.
Von besonderer Bedeutung und grossem Eindruck war am Ende des Spiels die Siegerehrung. Wir kennen diese Begeisterung nicht. Sie entspringt einem tiefen patriotischen Gefühl, einem neuen Glauben an ein helfendes, glückbringendes Vaterland. Erschüttert standen wir da, als Fachamtsleiter Herrmann die zehntausend Zuschauer aufforderte, uns Schweizern mit dem neuen Gruss ein dreifaches "Sieg Heil" darzubringen.
Am Abend des Länderspiels fand ein vom Fachamt für Handball organisierter Kameradschaftsball statt, an dem neben den beiden Mannschaften und ihren Betreuern eine grosse Zahl politischer und sportlicher Führer, sowie eine zahlreiche Presse, das Generalkonsulat der Schweiz in München, sowie der Schweizerverein Augsburg vertreten waren. Durch die verschiedenen Reden wurden besonders die beiden Länder und ihrer politischen Führer geehrt. In allen Reden kam aber der Wunsch und Wille zum Ausdruck, dass das heutige Spiel nicht nur ein Spiel gewesen sein sollte, sondern dazu beitragen müsse, die Freundschaft des freien Schweizervolkes zum Deutschen Volke fester zu knüpfen. Besonderen Eindruck hinterliessen wiederum die Reden von Oberbürgermeister Mayer und Brigadeführer Herrmann, sowie die feinsinnige Rede des Konsulatsvertreters, Herrn Hochstrasser, der als Nichtsportler die hohe Mission des Sportes anerkannte und den deutschen einen harten Retourkampf in der Schweiz in Aussicht stellte. Zum Schluss sprach dann noch unser lieber Georg Rothenberger, der von der Bedeutung des Spiels im Programm des E.T.V. sprach und zum andern ein begeisterndes Bekenntnis zu unserer Schweiz ablegte, was die deutschen Zuhörer zu mächtigem Beifall hinriss.
Am Montagmorgen machten wir mit unseren deutschen Kameraden unter kundiger Führung noch einen Rundgang durch die Stadt., die in ihrer Ursprünglichkeit, in ihrer grossen historischen und kulturellen Vergangenheit noch fast unberührt erhalten ist. Wir erinnern nur an die Maximilianstrasse, an das Hotel «Drei Mohren», an den Fuggerpalast, an das Wohnquartier der «Fuggerei», in welcher wir ein grosses soziales Werk sehen, das vor dreihundert Jahren vom reichsten Mann der Welt – einem Herrn Fugger – gestiftet wurde, und das finanziell so gut fundiert ist, dass dort heute noch eine Dreizimmerwohnung mit Küche 4 Mark 15 Pfennige kostet, und zwar im Jahr.
Dieses Wohnviertel – eine Kleinstadt in der Grossstadt – ist durch vier Tore abgeschlossen, welche um 10 Uhr abends geschlossen werden. Wer später noch hinein will, hat 10 Pfennig Busse zu bezahlen. Wir sahen die heimeligen alten Winkel am Lech, den Dom und das Rathaus. Heute ist Augsburg wiederum in wirtschaftlichem Aufschwung begriffen.
Reich an Eindrücken verliessen wir am Montagmittag die gastfreundliche Stadt, und wie die Ankunft, so war auch der Abschied von besonderer Herzlichkeit.
Dankbar gedenken wir zum Schluss aller deutschen Männer, die uns den Aufenthalt in Augsburg und das 1. Handballländerspiel zu einem grossen Erlebnis haben werden lassen. Wir denken da neben den stillen Arbeitern vor allem an die Herren Oberbürgermeister Mayer mit seinem liebenswürdigen Rechtsrat Dr. Förg, wir denken an den Fachamtsführer Herrmann mit seinen Mitarbeitern Herren A. Nothelfer und Trainer Kandinya, wir denken an Herrn Hochstrasser vom Schweizer Konsulat in München, wir denken aber auch an unsere lieben Landsleute vom Schweizerverein in Augsburg, wir denken an die Presse des Gastlandes, welche dem Länderspiel vor nachher die grösste, noch selten gesehene Aufmerksamkeit schenkte Wir denken aber nicht nur, sondern danken auch aus aufrichtigem , bewegten Herzen für all das Gebotene. Unser Dank gilt auch nicht minder unseren Zentralbehörden, welche uns die Erlaubnis zum Auslandspiel gaben, bei welchem der Deutsche Verband sämtliche Reisespesen und Quartier für zwei Tage übernahm.
Wir haben in Deutschland echte Sportkameradschaft und echten Sportgeist kennen gelernt. Bande von Kameradschaft und Freundschaft sind geknüpft worden, die dauern werden. Wir haben auch den neuen Geist dieses Landes verspürt und verneigen uns hochachtend vor dem Willen zum Aufstieg und vor dem Glauben an eine bessere Zukunft. Wir waren stolz auf die Achtung, welche unser liebes Heimatland – trotz einiger Übergriffe übereifriger Beamter – in Deutschland geniesst. Wir achten das Bestreben unserer Sportfreunde jenseits des Rheins und schliessen unseren sportlichen Bericht mit einer politischen Sentenz: Achte jeden Mannes Vaterland, das deinige aber liebe! Hans Urech.