Cheftrainer Fritz Müllener
Torhüter: Gysi Willy ATV Basel
Verteidiger: Herkenrath Erland Grasshoppers, Stammbach Adolf TV Kaufleute Basel
Läufer: Studer Robert STV Bern, Streib Max ATV Basel, Nipkow Gustav Grasshoppers
Stürmer: Rouilly André Amis Gyms Lausanne, Hufschmid Ernst ATV Basel, Mischon Georg BTV Bern, Seiterle Eugen Grasshoppers, Schmid Karl Captain Grasshoppers
Ersatz: Schmid Eduard Grasshoppers, Simon Emil ATV Basel, Gantenbein Burkhard Grasshoppers, Köpfli Martin Grasshoppers
Torschützen: Seiterle, Mischon je 4, Rouilly 1
-lf. Der ETV hat der Handball-Spielkommission, in Erkenntnis der Bedeutung, die dem Handball-Kampfspiel für die allgemeine Turnersache zukommt, weitgehend Vertrauen und Unterstützung für die Verbreitung des Handballspiels geschenkt. Als unsere Nationalelf letzten Frühling in die «Höhle des Löwen», zu den im Handball führenden Deutschen nach Augsburg reiste, war ihre Vorbereitung schon so weit, dass ein recht ehrenvolles Resultat herauskam (14:6 für Deutschland), während Schweden, Holland und Dänemark mit 21:3, 15:2 und 13:1 vom Reich heimgeschickt worden waren.
Und das Retourspiel in Bern, betreut von einem Komitee des Allgemeinen Turnverbandes der Bundesstadt, unter der Leitung von Rudolf Balsiger, soll nun erweisen, dass die Schweiz noch besser, dass sie reif für die Olympiade geworden ist. Aber man bedenke: Deutschland hat seine zurzeit stärkste Mannschaft nach Bern geschickt.
Eingedenk des herzlichen Empfangs, den unsere Elf in Augsburg genossen hat, haben die Berner sich ebenfalls bemüht, den deutschen Gästen den Aufenthalt in der Bundesstadt angenehm zu gestalten. Am Sonntagvormittag, nach einer Stadtrundfahrt, wurden sie mit der schweizerischen Mannschaft in der «Visitenstube» des Gemeinderats im Erlacherhof währschaft bernisch begrüsst: Herr Stadtschreiber Dr. Markwalder war dort der wohlunterrichtete und gewandte «Bärenführer» durch die Geschichte der Stadt und des Erlacherhofes. Brigadeführer Hermann und Georges Rothenbeger von der Spiko verdankten den überaus netten Empfang durch die Stadtbehörden. Ein gediegenes Schweizer Bilderbuch, das den beiden Mannschaften mitheimgegeben wird, muss mit seinen sonnig lachenden Landschaften das bieten, was das Gewölk am Sonntag ihnen vorenthielt.
Auf dem noch immer saftig grünen, doch heute etwas weichen Neufeld stellten sich um 3 Uhr nach gegenseitiger Geschenkübergabe die
Mannschaften nach einigen Umstellungen (Gantenbein war verletzt, auch der deutsche Hüter Kreutzberg hatte sich beim Training am Samstag verletzt in folgender Formation:
Deutschland: Körvers : Knautz, Bandholz : Schmitz, Dossin, Hansen : Hammler, Theilig, Spengler, Röttger, Roß.
Schweiz: Gysi : Stammbach, Herckenrath : Studer, Streib, Nipkow : Rouilly, Hufschmid, Mischon, Schmidt, Seiterle.
Schiedsrichter: Hans Urech (Aarau).
Die Schweiz verliert den Anstoss an die rasche deutsche Verteidigung: einen ersten Torschuss der Gäste kann Gysi blockieren: doch in der 3. Minute spielt sich das flinke schwarz-weisse Innentrio durch und Röttger bucht Nr. 1. Dann muss Körvers gefährliche Schüsse von Hufschmid und Seiterle ablenken. Aber in der 5. Minute erkämpft sich Rouilly den Ball und schiesst unhaltbar ein. 1:1. Drei Minuten später aber erhöht Theilig aus dem Gedränge mit blitzschnellem Wurf aus 1:2. Die Schweizer antworten mit einer schönen Kombination, ein Platzwechsel Schmidt - Seiterle und Seiterle gleicht aus. 2:2. Und der rot-weisse Sturm bleibt weiter in Fahrt. Mischon bringt die Schweiz 3:2 in Führung: aber die Deutschen kommen innert zwei Minuten auf 3:3 und 3:4.
Damit ist aber für einige Zeit das Schützenfest eingestellt, bis in der 17. Minute ein scharfer deutscher Linksangriff mit einem fabelhaften Weitschuss von Ross ins Schweizer Tor endet. 3:3. Und fünf Minuten später muss Gysi wieder eine Bombe von Ross, die ihm unter dem Leib durchwischte, knapp unter der Torlinie herausfischen. 3:6. Und kurz daraus kommt Sammler mit einem unheimlich rasanten Schuss zum Erfolg. 3:7. Ein schönes Durchspiel Schmidt - Mischon bringt unsern Mittelstürmer in gute Position — es beisst 4:7. Aber noch in der gleichen Minute bleibt Sammler ungedeckt und erhöbt auf 4:3. Und eine Minute vor Halbzeit stellt Spengler das Skore auf 4:9.
Nach der Pause kommen die Schweizer sofort in Schwung: Rouilly zentert prächtig und Mischon schiesst das 5. Tor für die Schweiz. Die rote Deckung ist nun fehlerfrei, die Deutschen kommen nicht mehr zum Torschuss. In der 7. Minute kann Seiterle nach Strafwurf und Kombination Nr. 6 buchen. Dann aber muss Gysi innert zehn Minuten sechsmal den Ball aus dem Netz holen: Spengler, Hammler und Röttger sind die Kanoniere. Und Theilig erhöht auf 6:16. Das Augsburger Resultat ist also schon übertroffen — leider aber nicht von den Schweizern.
In der 20. Minute endlich tankt sich Seiterle durch und in einem endlosen Dribbling schlängelt er sich in Schussposition: Nr. 7 sitzt. Aber Theilig erhöht, in der 26. Minute nach rassigem Lauf und scharfem Schuss den deutschen Vorsprung auf 7:17. Dann kommt die Schweiz wieder aus und aus zwei Strafstössen können Mischon und Seiterle das Schweizer Konto auf 9 erhöhen: noch mit dem Schlusspfiff verwerten die Deutschen einen Strafschuss: doch der Schiedsrichter annulliert das Tor wegen Überschreitung der Spielzeit. Das Ergebnis ist für den jungen schweizerischen Handballsport sehr schmeichelhaft.
Dass die Schweiz verlieren würde, stand zum voraus fest: es handelte sich nur um die Tordifferenz. Auch die zweistellige Ziffer der Deutschen war bei der Stärke ihrer Mannschaft nicht fraglich: so stand im Spiel und in den Gesprächen einzig die Zahl der schweizerischen Treffer in Diskussion. Und als bei Halbzeit das Skore für Deutschland 9:4 stand, bekamen die Schwarz-Weissen in den Kabinen einige «Komplimente», die nicht gerade lobreich tönten... Für einige Zeit hat diese psychische Massage gewirkt, wobei allerdings eine zehnminütige Schwäche der roten Verteidigung den Deutschen das Einbringen' von sechs Toren erleichterte. Die letzten zehn Minuten waren dann die Schweizer so im Schwung, dass sie noch dreimal zum Erfolg kamen, während die Gäste nur noch ein Tor schossen.
Freilich, an der gegenwärtigen Hegemonie des deutschen Handballspiels gibt es nichts zu deuteln. Die Gäste demonstrierten Fangen und Werfen des Balles. Körperbeherrschung, Sprint und taktisches Laufen zeitweise in vollendeter Form. Gegen die Wucht und Präzision ihrer Würfe war Gysi machtlos: er hat mit oft prächtigen Paraden sein möglichstes geleistet. Unsere Läufer vernachlässigten gelegentlich die Deckung der schnellen deutschen Flügel. Periodisch, besonders in der Schlussphase, verstanden sich aber die Halves und Verteidiger musterhaft, und da standen die Deutschen auch mit ihren raffinierten Künsten am Hag. Noch unkonstant war die Leistung des Sturmes. Neben glänzenden Passings mit verwirrendem Wechsel von Nah- und Weitwürfen sah man auch unüberlegtes Zuspiel ohne Zweck und. Wirkung. Zudem waren unsere Leute gelegentlich recht unsicher im Ballfangen: mehr noch als beim Fussballspiel belastet beim schnellen Handball der Ballverlust die eigene Mannschaft mit Mehrarbeit. Die Meisterschützen des Schweizer Sturmes waren mit je vier Treffern Mischon und Seiterle: doch hat Rouilly, der nur einen Schuss unterbringen konnte, durch sein intelligentes Zuspiel manchen Erfolg vorbereitet. Überhaupt scheint der Sinn für ein wirksames Mannschaftsspiel vorhanden zu sein: es braucht jetzt nur noch vermehrte Gelegenheit des Zusammenspiels unserer Nationalen und die Heranbildung des Nachwuchses: das letztere sollte bei der zunehmenden Beliebtheit des Handballspiels nicht schwierig sein, und für die erfreuliche Weiterentwicklung der Spielkultur im Nationalteam bürgt die Spielkommission.
Dem überaus spannenden Ländermatch Schweiz - Deutschland wohnten rund 4500 Zuschauer bei. Auf der Ehrentribüne sah man u. a. Bundesrat Motta. Vertreter der deutschen Gesandtschaft. Oberstkorpskommandant Roost, Oberst Kern und Stadtschreiber Dr. Markwalder.
Den beiden Mannschaften, die unter der vorbildlichen Leitung von Hans Urech zäh und energisch, aber sehr fair kämpften, haben die Zuschauer mit starkem Beifall für ihr propagandistisch wirksames Spiel gedankt. Eindrucksvoll wirkte der geordnete Ein- und Abmarsch der beiden Mannschäften in Zweierkolonnen sowie die Begrüssung der Spieler durch die beiden Nationalhymnen aus dem Lautsprecher.