Selektionäre: Emil Horle, Karl Schmid, Hans Studer
Kader:
Torhüter: Burger Charles BTV Aarau, Worni Emil Grasshoppers
Verteidiger: Dubs Ernst Grasshoppers, Hartmann Kurt TV Unterstrass
Läufer: Sieber Hans-Rudolf Pfadi Winterthur , Altdorfer Max LC Zürich, Winkler Grasshoppers, Doswald Heinz LC Zürich
Stürmer: Buschor Roger Grasshoppers, Riess Fritz Grasshoppers, Bertschinger Hansjakob Grasshoppers, Aeschlimann TV Länggasse Bern, Klöti Eduard LC Zürich, Wartmann Karl Pfadi Winterthur, Spörri Jacques Pfadi Winterthur.
Torschützen: Buschor 3, Altdorfer, Klöti, Wartmann je 1
Die Schweizer in der Aufstellung zur Nationalhymne v.l.: Bertschinger Hansjakob, Burger Charles, Worni Emil, Klöti Eduard, ...???
Dubs Ernst, Hartmann Kurt, Altdorfer Max, Sieber Hans-Rudolf, Winkler, Buschor Roger, Wartmann Karl, Riess Fritz, Spörri Jacques, Aeschlimann
Schweizerisches Bundesarchiv, Signatur J2.143#1996/386#739-1#6*
Ein Länderspiel mehr gegen den unbesiegten Weltmeister und eine Niederlage mehr - und diesmal eine recht bittere Niederlage unserer Nationalmannschaft! Je rascher wir dem grossen Tag entgegenkamen, desto weniger stand unser Barometer auf Optimismus. Das letzte Training vom Donnerstag vor dem Länderspiel hat dem Berichterstatter fast durchs Band weg bestätigt, was -x- an Pessimismus kurz vorher an dieser Stelle als mahnende Zeilen geschrieben hatte. Der geistige Elan namentlich der Stürmer, und zwar nicht nur der «alten Namen», fehlte schon dort und um wie viel bitterer wirkte sich dieser Mangel im Spiel selbst aus. Am ehesten gefiel noch die Läuferreihe, die in Altdorfer doch den besten Mann stellte und der Winkler mit sich zog. Indessen sahen wir die Deckung schon wesentlich geschlossener und härter und zielstrebiger an der Arbeit. Damit ist eigentlich die Kritik vom Länderspiel schon getan. Burger und Worni im Tor haben sich effektiv Mühe gegeben, das Beste zu leisten.
Am Sonntag zeigte es sich, dass die Handballfreunde in Winterthur ganze Organisationsarbeit geleistet haben. Wir freuen uns, G. Egg und allen seinen Mitarbeitern ein uneingeschränktes Lob aussprechen zu dürfen. Es klappte in jeder Hinsicht, und das heisst viel! Es sei ihnen allen recht herzlich gedankt.
Gefreut hat uns auch der grosse Publikumsaufmarsch. Es war eine grosse Freude zu sehen, wie eifrig die Winterthurer für das Spiel geworben haben. Der Zuzug kam namentlich aus der Richtung von Deutschlands Grenze und aus Zürich und der nähern und weitern Umgebung. Wir haben eine treue Stammkundschaft, auf die wir uns bestimmt verlassen können. Das ist für die kleine Handballbewegung immerhin ein erfreuliches Zeichen.
Bestaunt haben wir am Länderspiel selbst den deutschen Sturm, der als ganzer Mannschaftsteil hervorragend in Erscheinung trat, es wirbelte und schoss, dass es eine Augenweide war (Freude war's nicht, weil sie zu gut für uns waren). Die Stürmer, die wir als Gesamtheit nennen wollen, durften sich aber auch auf eine erfreulich starke Läuferreihe verlassen, die aushalf, wo es nötig war und die dauernd für Nachschub sorgte. Ohne grosse Anstrengung lief es den deutschen Stürmern und Läufern die am Faden! Die Verteidiger waren unanständig grob. Sie haben es erreicht, dass sie diesmal keine Propagandawaffe waren.
Vom Schiedsrichter wollen wir nicht ganz schweigen, aber er war offensichtlich diesen Anforderungen in keiner Weise gewachsen, weder geistig noch konditionell. Es machte den Anschein, dass er vor den unsportlichen Grobheiten der deutschen Deckung noch mehr Angst hatte als unsere Stürmer und dass er aus diesem Grunde die Augen, sofern er sie überhaupt offen hatte, ins Grüne schweifen liess, anstatt durchzugreifen, wie es die beiden Verteidiger - auch nach deutscher Auffassung - verdient hätten. (Wir möchten aber ausdrücklich betonen, dass es uns ferne liegt, unsere Niederlage durch diese unqualifizierbare schwache Schiedsrichterleistung entschuldigen oder gar begründen wollten.) Er tat, was er konnte - aber er konnte nichts - !
Es war klar, dass unsere Nationalmannschaft vor der schwersten, aber auch dankbarsten Aufgabe des Jahres gestanden hat. Vielleicht war die Nervenprobe etwas zu stark für ihre Gemüter. Es war ein Versagen, namentlich der Stürmer, aus dem wir unsere Lehren, wenn sie auch hart sein sollten, ziehen müssen. Das sind wir unserer Stellung im internationalen Handballgeschehen schuldig. Es war für uns auch nicht leicht, nicht zu wissen, ob wir aus dem Militärdienst alle unsere Leute beurlaubt sehen würden. Jener angeblich sportfreundliche Einheitskommandant hat durch die Verweigerung eines siebenstündigen Urlaubes - den er allerdings in aller letzter Minute doch noch gewährte -- auch nicht bewiesen, dass er auf psychologischem Gebiete grosse Klasse besitzt. Wie kann einer von sich behaupten, er sei sportsfreundlich eingestellt, wenn er wegen sieben Stunden Urlaub so lange zuwartet, dass die Selektionäre - und wir mit ihnen - zum letzten Mittel greifen mussten: einem Hilferuf auf telegraphischem Wege an den Vorsteher des Militärdepartementes! Man stelle sich vor: ein Urlaub von sieben Stunden und nur knapp fünfzig Kilometer vom Standort der Truppe entfernt. (Im Vertroue, Herr Hauptme, de Chrieg isch verby! «Nebelspalter»).
Es war somit gar nicht leicht, die schlussendliche Formation zu bestimmen, die die Ehre haben sollte, mit fliegenden Fahnen gegen den Weltmeister einzugehen. So knapp drei Stunden vor Spielbeginn (!) war es dann glücklicherweise doch so weit, dass man wusste, wer eingesetzt werden konnte und wer einzusetzen war. Dieser «obere» Nervenkrieg war natürlich auch nicht dazu angetan, Ruhe und Besonnenheit, Klarheit und Überlegung in die elf Kämpen zu bringen, denn wenn's oben hapert, wie soll es möglich sein, dass die «Herde» ruhig ihre Wege zieht? Trotzdem müssen die Stürmer, die Läufer und Verteidiger einfach lernen, eine Kondition in ihren Mannschaften zu erarbeiten, die es den Selektionären ermöglicht, höchstens noch den letzten Schliff anzubringen. Es müssen eben wieder haufenweise Kilometer um Kilometer gelaufen und gespurtet werden, um eine würdige Form zu besitzen. Ausser Buschor hat wohl kaum einer der eingesetzten Stürmer eine Form ausgewiesen, die ihn für die Zukunft empfehlen würde. Hat man die nötige Härte, so braucht man die übriggebliebenen Kräfte für den vollen Einsatz um den Ball und um die Führung des Balles. 26 Mal haben in der zweiten Halbzeit unsere Stürmer den Ball gegen das deutsche Tor gespielt - wir können kaum mehr sagen «geschossen» - und haben zwei Tore erzielt, davon eines als Penalty. Diese Auswertung ist erschreckend schlecht. Inskünftig sollten höchstens 15-20 Würfe «abgedrückt» werden, aber daraus sollten sichere 6-8 Tore fallen. - Hand aufs Herz: alle Stürmer sollen sich mal fragen, ob diese Forderung übertrieben ist?
Die Läufer und Verteidiger haben besser als der Sturm gespielt, das wollen wir immerhin anerkennen. Indessen liegen auch hier zahlreiche Fehlerquellen, auf die wir wenigstens auch noch kurz eingehen sollten. Die Kognition ist auch hier Thema Nummer 1. Wir haben seinerzeit geschrieben, dass die Läufer und Verteidiger mit «Härte und Eleganz» die Breitseiten des gegnerischen Sturmes auffangen sollten - wie haben nicht viel an Härte gesehen und ausser bei Altdorfer und zeitweise bei Winkler auch keine Eleganz - Von den deutschen Verteidigern wollen wir mit dem Worte «Eleganz » gar nicht antreten! aber sie waren hart - wenn auch des harten und groben Einsatzes zu viel vorhanden war. Dass der Schiedsrichter ganz zu Unrecht 3-4 Mal Altdorfer abgepfiffen hat, bleibt in seinem Rahmen, denn er konnte ja nicht sehen, wie elegant und hart Altdorfer dem deutschen Sturm den Ball ausspielte - siehe unsere frühern Bemerkungen.
Liebe Handballer, mit Ernst und Offenheit haben wir hier einmal mehr versucht, dem Krebsübel an die Gurgel zu greifen. Nehmt es uns doch nicht übel, wenn wir so offen schreiben und noch so offen schreiben dürfen, wir sind ja alle dazu da, um Euch mitzuhelfen, wieder froheren Zeilen entgegenzuhandballern. Viele könnten es, wenn sie mit uns am gleichen Strick ziehen und dem gleichen Endziel entgegenstreben. Es werden nun ganz bestimmt Konkurrenzen ausgeschrieben, in denen Handballer gesucht werden, im Feld und in der Halle die so hart trainieren, dass sie nicht übersehen werden können, dass sie sich so aufdrängen, und dass sie in den Vereinen und ersten Mannschaften so geschult werden, dass sie brauchbar sind für die zukünftige, Nationalmannschaft. Die Halle wird uns sehr bald beanspruchen, sind doch Länderspiele gegen Frankreich und Dänemark fest abgeschlossen. Aber auch die Feldmannschaft wird 1957 eine Zukunft erleben, ihr steht eine grosse Nordlandreise bevor mit Spielen gegen unsere nordischen Handballfreunde. Es wäre eine Lust, mitzufahren und dort mitzuerleben, was unser kleiner, bescheidener Sport den Aktiven bieten kann. – Aber eben, aus schlechtem Holz gibt es keine guten Pfeifen. Deshalb möchten wir nochmals den Ruf an die Aktiven erschallen lassen: Trainiert hart in Euren Vereinen, besucht mit Ernst und Eifer die Kurse, die der HBA durchführt, zeigt Euch würdig, in die Nationalmannschaft aufgenommen zu werden, um vielleicht doch einmal die Scharten wieder auszuwetzen, die jetzt empfangen worden sind. Wir zweifeln keinen Moment daran, dass es möglich ist, besser zu spielen, als es uns am vergangenen Sonntag gegen Deutschland gelungen ist.
Vom Hörensagen her wissen wir, dass es am gemeinsamen Abendessen überaus kameradschaftlich zu- und hergegangen ist und dass die verschiedenen Ansprachen, so von Generalkonsul Zimmermann, von G. Egg, von Stadtpräsident Dr. Rüegg und dem deutschen Vizepräsidenten Zerling und A. Wagner, HBA-Präsident, in überaus herzlich empfundenem Tone gehalten worden sind. Ein letzter Dank sei noch den Turnerfreunden von Elgg selbst abgestattet, die ihre Anlagen zur Verfügung gestellt und auch durch feine Darbietungen uns gut unterhalten haben. Es war den Elggern, sicher wie letztes Jahr den Pfäffikern sehr daran gelegen, der Nationalmannschaft «Eigengewächs» zu zeigen und den Aufenthalt so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Dafür besten Dank! Und nun Glückauf fürs nächste Mal!
Es wurmt mich indessen, dass ich vor lauter Bäumen bis jetzt den Wald nicht gesehen habe, nämlich vor lauter Dingen im und vom Spiel habe ich der «drei Musketiere» nicht gedacht. Die Handballer wissen es, wen ich damit meine: Emil Horle, Präsident der TK HBA, Karl Schmid, Chef des SA, und Hans Studer, Kurschef. Sie alle drei haben in den letzten sechs oder sieben Wochen jede freie Minute geopfert, um der Sache unseres schönen Sportes zu dienen, sie waren es, die versucht haben, das Steuer herumzuwerfen, und wenn es ihnen diesmal nicht gelungen ist, so wissen wir, mit welch grossen Widerwärtigkeiten sie zu kämpfen hatten und wie schwer es ist, das noch knapp erträgliche Mass des Amateurismus so auszunützen, dass mit einiger Voraussicht ein anständiges Resultat erreicht werden kann. Wohl selten wird es in irgend einer Sportart vorkommen, dass drei Funktionäre ganz auf sich gestellt, nur von einem Wunsche und Willen beseelt waren: Wir bieten den Aktiven das Beste, was wir ihnen je geben können. Für das schwere Opfer, das alle drei in den letzten Wochen gebracht haben, sind unsere Worte zu knapp und wirken dürr und matt; wir sind aber davon restlos überzeugt, dass unsere drei Kameraden wissen, wie sehr von Herzen der Dank der ganzen Handballgemeinde kommt. Möge ihnen diese Gewissheit die Kraft geben, uns weiterhin treu zur Seite zu stehen zum Wohl und Wehe de Handballerei! -s-