Trainer: Karl Schmid
Torhüter: Burger Charles BTV Aarau, Karlin RTV 1879 Basel
Verteidiger: Altdorfer Max Grasshoppers, Fricker Niklaus RTV 1879 Basel
Läufer: Schmid Markus BTV Aarau, Christen Alfred TV Unterstrass, Loretan Toni BSV Bern
Stürmer: Gemperle Hans St. Otmar, Burkhardt Adolf, Dölf BSV Bern, Nünlist René BTV Aarau, Schmid Bruno Grasshoppers, Seiler Armin Grasshoppers
Ersatz: Ebi Gustav RTV 1879 Basel
Torschützen: Gemperle 12, Burkhardt, Nünlist je 2, Schmid B., Seiler je 1
Wetter: 15°, stark bewölkt, trocken
20. Länderspiel für Gemperle Hans, St. Otmar und Schmid Bruno, Grasshoppers
Karl Schmids Abschied Es war das letzte Länderspiel, in dem der langjährige erfolgreiche Coach unserer Internationalen das Team betreute; er erhielt in St. Gallen die goldene Verdienstmedaille des HBA.
Vor dem Länderspiel im Otmar-Stadion wurden Bruno Schmid (l.) und Hans Gemperle (r.) für ihr 20. Auftreten im roten Dress durch Blumen und viel Applaus geehrt. In den folgenden 60 Minuten kam dann der Otmärler mit einem Dutzend Prachtsgoal besonders gross heraus, während der «Ausland-St.-Galler» ein prächtiges 3:2 erzielte.
Schneller (TSV Ansbach) war nicht zu halten - Beinahe fassungslos sehen Toni Loretan und Alfred Christen (links) eines der prächtigen Scheller-Tore kommen. Karrer (Mitte hinten) stellt befriedigt fest, dass auch Markus Schmid (rechts) keine Chance mehr hat, das Unheil noch abzuwenden. Einzigartig war auch, wie die deutschen Schützen den Ball sehr lange führten und so unsern Charly Burger fast regelmässig contrepied erwischten.
Armin Seiler rechts in seinem 26. Länderspiel. Adolf Burkhard, BSV Bern
wf. Vielleicht ist es eine allgemein-menschliche Gepflogenheit, dass viele Dinge durch den letzten Eindruck weitgehend geprägt werden, Aus diesem Grund blieb nach dem zwölften Feld-Länderspiel gegen Deutschland eine leise Enttäuschung übrig, über die auch die ausgezeichnete Leistung unserer Mannschaft der ersten 30 Minuten nicht hinwegtrösten kann. Statt ganz bestimmter Überzeugungen sind es diesmal eine Menge von Fragen, die uns ein paar Stunden nach Spielende beschäftigen. Und eine davon kommt immer wieder:
Wir glauben ja! Bundestrainer Werner Vick war das Wagnis eingegangen, gleich fünf Länderspiel-Neulinge einzusetzen. Das Risiko ist geglückt, der 12. Sieg ist in die Statistik eingetragen. Nie aber erreichte die Equipe von St. Gallen das Format jener, die vor zwei Jahren in Aarau 22:17 gewonnen hatte. Die Spielanlage der Deutschen war praktisch gleich wie damals: Offene Manndeckung, blitzschnelle Ballwechsel im Sturm. Klar, dass es diesmal bei fünf Novizen weniger Spielerpersönlichkeiten im deutschen Team hatte. Hinten war Ruff, der reichlich streng für 5 Minuten hinausgeschickte deutsche Kaptain, der ruhende Pol, der umso nötiger war, als nicht alle Neulinge restlos befriedigen konnten. Individuell besser besetzt war der Angriff, in dem es mit Porzner einen Dirigenten hatte, den man nicht noch extra zu loben braucht, der aber auch nicht ohne Fehler spielte. Glänzend harmonisierte der Ansbacher mit dem brillanten Vereinskameraden Schneller, der uns viel besser gefiel als im Vorjahr in Ludwigshafen. Karrer und der wuchtige Berliner Lukas schliesslich sorgten dafür, dass der leise Ausfall des Neulings Andes - immerhin Torschützenkönig der süddeutschen Oberliga - kompensiert wurde. Auffallend, wie im Ballfangen Fehler passierten (selbst vorne): war's ein Zeichen der Unsicherheit? Vorzüglich war die Schussauswertung, denn die meisten Knaller «sassen». lm übrigen sei auf die «Deutsche Stimme», verfasst von HH Schoedel, hingewiesen, die aus dem «Sport» abzudrucken er uns gestattet hat.
Wenn nun also die deutsche Mannschaft Anno 1960 in Aarau bestimmt stärker gewesen ist und die Schweiz damals knapper verlor, dann muss doch
auch schwächer gewesen sein, nicht wahr? In einem Punkt war sie das bestimmt, nämlich bei Charly Burger. Viele Matchbesucher waren der Ansicht, er habe schlecht gespielt. Wir behaupten: der Aarauer war in St. Gallen nicht der Klassehüter seiner besten Tage, sondern kam über den Durchschnitt diesmal nicht hinaus. Sein Pech war es zweifellos, dass er nicht gleich zu Beginn durch ein paar tolle Paraden in Schwung kam, sondern dass ihm eigentlich erst in der 25. Minute die erste Abwehr glückte. So blieb der Eindruck von ihm zwielichtig. Mit seiner Bestform aber hätten wir vielleicht gewonnen…
Wie weit ihn unsere Deckung irritierte, wissen wir nicht. Sicher ist nur, dass er fast jedes Mal früh reagierte und dann «nicht mehr ging». Es sah anfänglich auf unserer rechten Seite - bei Max Altorfer - furchterregend aus, wenn Lukas «allein auf weiter Flur» stand. Und es war auch unverkennbar, dass die deutschen Stürmer bei Christen mit Körpertäuschungen gut ankamen. Markus Schmids Pech waren zwei Holztreffer, vor allem aber jener missratene Mittelfeldpass, der zum 11:15 führte. Der Aarauer schoss weitaus am meisten - aber das ist relativ, den Christen sah man nie vorne und Loretan wie Altorfer drückten überhaupt nie ab! So kam denn offensiv keine Wirkung zustande: und das ist gegen die Deutschen doch wohl zu wenig.
"lm Dutzend billiger", das stand in einer St. Galler Vorschau, und die hat offensichtlich Hans Gemperle gelesen. Der wie Bruno Schmid fürs 20. Länderspiel speziell gefeierte OtmärIer versteckte sämtliche 7 der Schweiz zugesprochenen Penaltys magistral, gleichgültig, ob nun er selbst oder ein Kamerad gefoult worden war. Hat aber nicht er durch ungenügendes Platzhalten doch auch gesündigt? Treffermässig «am nächsten» kamen ihm Burkhardt und Nünlist, Der Berner schoss und skorte zweimal, während der Aarauer ein herrliches 2:1 schoss, später aber, wie alle andern auch, im Zuspiel sündigte. Nie vergessen darf man, dass es einfach ist, dieses und jenes festzustellen, ohne zu beachten, dass die offene Manndeckung der Deutschen unsern Stürmern das Leben sauer machte und sie zu vielen (oft vergeblichen) Antritten zwang, die Kraft kosteten. Diese Kraft fehlte am Schluss, den im zweiten Teil gelang es nur noch selten, an die brillante Darbietung der ersten 30 Minuten anzuknüpfen. Armin Seilers «Knopf» ging nicht restlos auf, während weder Bruno Schmid noch Ebi die Erwartungen überschritten.
Das erste Goal war ein deutscher Penalty im Anschluss an den ersten Pfostenschuss, den Lukas geschmettert hatte. Nach dem Anspiel «sorgte» Burkhardt für einen Vierzehnmeter, den Gemperle zum 1:1 einschoss. Brillant war Nünlists 2:1 via weitern Pfosten, dann 2:2 und 3:2 durch B. Schmid, nachdem Hawlowitz die Vorteilregel glänzend angewandt hatte. Lukas’ 3:3 folgten Tore von Seiler und Gemperle (Penalty Nr. 2), womit die Schweiz 5:3 führte (9. Minute). Nochmals «läutete» es bei Kühn durch Gemperle zur 6:5-Führung für die Eidgenossen, ehe die Deutschen bei 6:8 wieder voraus waren. In der 20. Minute schoss erstmals Burkhardt: 7:8. Gemperle (2) holte das 7:9 auf, dann war Nünlist unser nächster Schütze zum 10:11 (25. Minute). Jetzt erst gelang Burger die erste Abwehr! Die Partie hatte nun grosse Momente, und via 10:12 kam’s durch Gemperle nach Freiwurf zum 11:12-Pausenresultat.
Nach Wiederbeginn begriff niemand, warum Gemperle zweimal zurückgepfiffen wurde, Ruff erhöhte auf 11:13, musste dann aber nach Seilers Lattenschuss für fünf Minuten hinaus: das war genau so streng wie nachher bei Altorfer und (zuletzt) Niggi Fricker, zumal die Gangart fair war. Bis Ruff wieder mitmachen konnte, hiess es 11:15! Wieder liess sich Gemperle für ein Penaltygoal und einen andern Treffer feiern (13:15), dann hiess es 13:17, ehe er die Latte traf und auf 14:17 verkürzen konnte. Es gab weitere Holztreffer (M. Schmid und Karrer je zweimal), und in der 18. Minute führte Deutschland 14:19, da das Schweizer Stürmerspiel jetzt schwach war. Burkhardt’s 15:19 folgten zwei weitere deutsche Tore, womit die Sache entschieden war. Gemperles 10. Erfolg war erneut ein Strafwurf, worauf er auch noch das 16:22, sowie am Schluss die Verkürzung zum 18:24-Endresultat besorgte. Vier deutsche Kollegen waren übrigens überzeugt dass das Skore 18:23 laute!
Deutschland: Schneller und Karrer (je 7), Lukas (4), Porzner (2), Andes, Ruff, Pflüger und Baader
Schweiz: Gemperle (12, wovon 7 Penaltys), Nünlist (2), Burkhardt (2), B, Schmid und Seiler
Der Schiedsrichter begann in grossem Stil, zumal er bei der Auslegung der Vorteilregel Glück hatte. Später wurde beidseits mancher Entscheid nicht verstanden. Die Fairness hätte etwas mehr Grosszügigkeit gestattet. Aber so schlecht wie sein Landsmann von Schweiz-Spanien war er noch lange nicht…
Deutschland: Kühn (Ansbach); Frank (Ansbach), Plötz (Polizei Berlin); Ruff (Hassloch, Captain), Knecht (TB Esslingen), Pflüger (FA Göppingen); Schneller und Porzner (beide Ansbach), Karrer (Grosswallstadt), Andes (Birkenau), Lukas (BSV 92 Berlin). - Auswechselspieler: Hornick (Polizei Hamburg, Torhüter, in den letzten Minuten eingesetzt) und Baader (Ansbach), im zweiten Teil auf dem Feld.
Schweiz: Burger (Aarau); Altorfer (Grasshoppers), Fricker (RTV Basel); M. Schmid (Aarau), Christen (Unterstrass), Loretan (BSV Bern); Gemperle (St. Otmar), Burkhardt (BSV Bern), Nünlist (Aarau), Seiler und B. Schmid (beide Grasshoppers). - Auswechselspieler: G. Ebi (RTV). Torhüter Karlin kam nicht zum Einsatz.
Eine deutsche Stimme:
Die 12. Niederlage in der 12. Länderspiel-Begegnung mit Deutschland durften die Schweizer mit einem Lachenden und einem weinenden Auge quittieren: einem lachenden ob des ehrenvollen Resultates - und einem weinenden, weil es sogar den ersten Schweizersieg hätte geben können!
Weltmeister Deutschland - besser: die Nachfahren des Weltmeisters - hat etwas Glück gehabt. Die mit sechs Neulingen besetzte Elf barg ein entsprechendes Risiko. Andes, mit 67 Toren süddeutscher Oberliga-Schützenkönig, und sein Austauschmann Baader verdarben entscheidend viel durch Nervosität. Aber der «Pferdefuss» lag bei der Abwehr, d. h. bei den vier «Erstlingen» Frank, Plötz, Knecht und Pflüger. Die jungen Burschen wirkten in der ersten Halbzeit teilweise wie aufgescheuchte Hühner, wussten oft nicht, welchen von den schweizerischen Stürmern sie decken sollten.