Der Leistungssport im Schweizerischen Handball-Verband schaut auf ein intensives Jahr zurück: Die Eröffnung der CONCORDIA Handball-Akademie Frauen, eine kurzfristige WM-Teilnahme der Männer-Nationalmannschaft, der souveräne Einzug der jungen Frauen-Nationalmannschaft in die WM-Playoffs – und das alles mit den Herausforderungen der Pandemie. Leistungssportchef Ingo Meckes schaut im Interview auf die vergangenen zwölf Monate zurück.
Ingo Meckes, vor einem Jahr wurde die CONCORDIA Handball-Akademie Frauen eröffnet. Wie fällt die Zwischenbilanz nach zwölf Monaten aus?
Ingo Meckes: Das erste Jahr der Akademie können wir als vollen Erfolg bezeichnen. Alle Beteiligten haben tolle Arbeit geleistet, die Spielerinnen haben sich sehr gut entwickelt. Das haben wir vor allem auch an der Europameisterschaft gesehen, als die U17-Nationalmannschaft mit neun Akademie-Spielerinnen im Kader den hervorragenden neunten Platz erreicht hat. Was wir mit unserer Handball-Akademie Frauen machen wird international sehr anerkannt und beobachtet, auch von stärkeren Nationen. Die Arbeit von Martin Albertsen ist herausragend, und die Dienstleistungen und Möglichkeiten im OYM sind in dieser Form wahrscheinlich einmalig.
Nicht nur die U17-Juniorinnen haben an der EHF EURO bei ihrer erstmaligen Teilnahme überzeugt, sondern auch die U19-Juniorinnen.
Ingo Meckes: Ja, diese Mannschaft hat ihre Stellung bestätigt. Die Generation der 2002er-Junioren hat vor zwei Jahren die Qualifikation für die Europameisterschaft geschafft und sich nun mit einem starken elften Platz ebenfalls für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Das heisst, wir spielen nächstes Jahr sowohl mit den U17-Juniorinnen, als auch mit den U19-Juniorinnen an einer WM. Das ist für den Schweizer Frauenhandball und für unsere Entwicklung eine ganz grosse Sache.
Die Erfolge bestätigten uns auch darin, dass wir den «Nachteil» der Pandemie mit unseren Massnahmen gut abfedern konnten. Wir konnten im OYM die Nachwuchs-Nationalspielerinnen in die Akademietrainings integrieren, so dass sie von dieser Situation sogar profitieren konnten. Ein grosser Dank geht da auch an die Vereine für die gute Kooperation in dieser schwierigen Zeit.
Die U19-Junioren haben den Sprung an die EHF EURO verpasst. Was bedeutet das für den männlichen Nachwuchs?
Ingo Meckes: Die U19-Nationalmannschaft ist an der EHF Championship im Kampf um den Aufstieg an die EHF EURO knapp gescheitert. Im Halbfinal gab es eine sehr unglückliche Niederlage im Penaltyschiessen gegen Nordmazedonien, danach kämpfte sich die Mannschaft zur Bronzemedaille. Der Auftritt macht aber trotzdem Mut für die Zukunft. Mehrere Spieler sind bereits auf dem Zettel von Michael Suter und könnten bald eine Option für die A-Nationalmannschaft werden.
Apropos A-Nationalmannschaft der Männer: Diese hat ein bewegtes Jahr hinter sich.
Ingo Meckes: Da war emotional wirklich alles dabei. Zum einen haben wir das Saisonziel, die Qualifikation für die nächste Europameisterschaft, nicht erreicht. Auf der anderen Seite sorgte die Mannschaft mit einer ganz starken Weltmeisterschaft im Januar für das grösste Highlight des Jahres. Als kurzfristig nachnominierte Nation wurde der 16. Platz erreicht, mitten unter Mannschaften aus der erweiterten Weltspitze. Die Leistungen waren nahe am Optimum, und wir haben grosse Erfahrungen gesammelt.
Das darauffolgende Scheitern in der EM-Qualifikation war umso bitterer, zumal in den letzten beiden Spielen gegen Dänemark und Nordmazedonien zweimal nur ein einziges Tor gefehlt hat. Unter dem Strich haben wir das Ziel aber nicht erreicht, und das haben wir umfassend analysiert. Unser Status im aktuellen Ranking hat immerhin dazu geführt, dass wir als bestes nicht für die EM qualifiziertes Team nicht in die WM-Vorqualifikation müssen und direkt für die Playoffs im März gesetzt sind. Das hat sich die Mannschaft von Michael Suter in den vergangenen Jahren erarbeitet und verdient.
Die A-Nationalmannschaft der Frauen hat in den WM-Playoffs gegen Tschechien ihr grosses Potenzial angedeutet.
Ingo Meckes: Die Frauen-Nationalmannschaft hat die erfreuliche Entwicklung mit einer ganz jungen Mannschaft weiter fortgesetzt. Zunächst war es eine souveräne Qualifikation für die WM-Playoffs, und dort folgte im Hinspiel ein ganz toller Auftritt mit dem Unentschieden in Tschechien. Im Rückspiel hat sich dann die grössere Erfahrung der Tschechinnen durchgesetzt. Für unsere Mannschaft ist es wohl auch noch etwas früh, um schon von einer Qualifikation für ein grosses Turnier zu reden. Der Weg stimmt aber, und die Mannschaft hat einen riesigen Sprung gemacht. Wir freuen uns auf die kommende Saison, in der wir die EM-Qualifikation erstmals überhaupt als Mannschaft aus dem dritten Topf in Angriff nehmen können.