NLA-Schiedsrichter sucht Handball-Utensilien für Kamerun

25.10.2017

«Handball-Utensilien für Kamerun gesucht!» – Das Inserat an der Steckwand der SHV-Website ist alles andere als alltäglich. Der NLA-Schiedsrichter Bertin Joss, gebürtiger Kameruner, hat in seinem Heimatland vor ein paar Jahren die Kontakte mit Handball-Förderern geknüpft. Im Interview erzählt er die spannende Geschichte. Und natürlich freut er sich über möglichst viel Unterstützung.

Bildlegende: Alte Schweizer Schiedsrichter-Leibchen im Einsatz in Kamerun (links). NLA-Referee Bertin Joss, der die Projekte in Kamerun mit dem gesponserten Material unterstützt (rechts).
 



Bertin Joss, was für eine Bedeutung hat Handball in Kamerun?
Bertin Joss: Im Gegensatz zum Fussball gilt Handball dort – genauso wie Volleyball oder Basketball – als Randsportart. Gespielt wird hauptsächlich in den Städten Yaoundé und Douala, wo Spielfelder vorhanden sind. Der Sport blüht kaum auf, da der Staat die nötige Infrastruktur nicht bereitstellt. Seit einigen Jahren glaube ich jedoch einen kleinen Veränderungswillen zu spüren, da viele Regionen autonom Ferienmeisterschaften organisieren. Mit der Qualifikation der kamerunischen Frauen-Nationalmannschaft für die kommende WM in Deutschland erhofft man sich eine gewisse Werbung für diesen Sport.

Wie bist du dazu gekommen, den Handball in Kamerun mit Material zu unterstützen?
Bertin Joss: Ich reise jährlich mindestens einmal nach Kamerun und besuche bei jedem Aufenthalt stets Meisterschaftsspiele. Nebst dem Umstand, dass hauptsächlich draussen auf geteertem Boden gespielt wird, ist augenfällig, mit welchem Material die Spiele bestritten werden. Seit meinem ersten Kontakt im Jahre 2011 reiste ich nie mehr mit leeren Händen nach Kamerun. Anfänglich nahm ich zwei, drei Stoppuhren oder Schiedsrichter-Etuis mit. Als 2013 in der Schweiz alle Oberliga-Referees mit neuem Dress ausgestattet wurden, fragte ich beim Verband an, ob ich die alten Leibchen einsammeln und an die kamerunischen Kollegen verschenken darf. Die Trikots überbrachte ich als Geschenk der damaligen Schiedsrichter-Organisation. Knapp ein Jahr später konnte ich im Rahmen der Neu-Strukturierung des SHV erneut ein paar Leibchen einsammeln, sodass alle Regionen Kameruns heute über genügend Schiedsrichter-Trikots verfügen, um Spiele in einheitlichem Tenue zu leiten. Nun gilt es zu schauen, wie wir den Handballsport allgemein vorwärtsbringen können.

Wer wird in Kamerun mit dem Material genau unterstützt?
Bertin Joss: Nebst dem Material, welches ich für einen einigermassen funktionierenden Meisterschaftsbetrieb suche – Stoppuhren, Anzeigetafeln, etc. –, benötige ich Utensilien für den Aufbau, beziehungsweise Wiederaufbau eines strukturierten Trainingscenters in Douala. Als Projektinitiantin und auch Koordinatorin amtet dort eine ehemalige IHF-Schiedsrichterin, die mit den Landesgepflogenheiten bestens vertraut ist. Ihr Projekt zielt auf die Förderung des Handballsports für Jugendliche in ihrer Region ab (am Anfang vor allem Mädchen zwischen 11 und 18 Jahren). Mit Hilfe ehrenamtlicher Funktionäre werden zweimal pro Woche an zwei Orten (draussen auf geteertem Boden) Trainings angeboten. Das gesponserte Material käme vorerst nur diesem Projekt zugute. Da viele Schüler, beziehungsweise deren Eltern, sich den Kauf von Material wie Schuhen oder Bällen kaum leisten können, erhoffe ich mir durch diese Aktion zum Gelingen des Projektes beizutragen.

Was für Material wird benötigt?
Bertin Joss: Wie bereits im Inserat auf der Website der SHV erwähnt, sammle ich momentan fast alles, was im Handballsport verwendet werden kann. Für den Meisterschaftsbetrieb sind Anzeigetafeln prioritär, um in vielen Region einen einigermassen normalen – und vor allem auch transparenten – Spielbetrieb durchzuführen. Man kann sich ja vorstellen, wie einfach ein Spielresultat verfälscht werden kann, wenn keine Anzeigetafel vorhanden ist. Für den Aufbau des regionalen Trainingscenters in Douala wird diverses Material benötigt: Trainings- und Meisterschaftsleibchen, Bälle, Schuhe und so weiter.

Gibt es eine lustige Anekdote, die aus deiner Unterstützung des Handballs in Kamerun entstanden ist?
Bertin Joss: Als in Yaoundé Ende 2013 die Schiedsrichter mit unseren alten Leibchen neu immer einheitlich aufliefen, wurde sogar im lokalen Radio über Ihr Tenue debattiert. Man witzelte, der Weihnachtsmann wäre wohl vorbeigekommen und ermunterte das Publikum zum Stadionbesuch auf. Nach dem Motto: Selbst bei einem langweiligen Spiel hätte man immerhin zwei fein herausgeputzte Männlein auf dem Feld.

Kontakt:
Bertin Joss
+ 41 76 377 87 28
bertin.joss@bluemail.ch

Quelle: Marco Ellenberger

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