Quickline Handball League • 18.12.2019
Aurel Bringolf gehört zu den bekannten Gesichtern in der Nationalliga A (NLA) der Swiss Handball League. Bereits seit mehr als einem Jahrzehnt prägt der 32-jährige das Geschehen in der Liga und auch im Dress der Schweizer Nationalmannschaft ist der Goalie eine verlässliche Grösse. Im Gespräch mit handball.ch blickt Bringolf auf seine bisherige Karriere zurück.
Seit einigen Wochen ist Aurel Bringolf vom TSV St. Otmar in die Top 10 der Ewigen Bestenliste vorgestossen. Im Ranking der meisten Einsätze in der NLA teilt er sich Platz 10 mit dem ebenfalls noch Aktiven Reto Friedli von Wacker Thun. Nachdem die beiden zuletzt Pascal Stauber hinter sich liessen, visieren sie als Nächstes Marco Kurth an. Bei mittlerweile 387 Partien in der höchsten Liga fällt es dem Goalie schwer, sich an sein erstes Spiel zu erinnern. "Gegen wen das war, weiss ich nicht mehr. Aber das erste Jahr mit GC ist mir noch in guter Erinnerung. In der Saison davor war ich bei ZMC Amicitia und wir sind in die NLA aufgestiegen. Als dann etliche Spieler von GC zu Amicitia wechselten, war auf einmal kein Platz mehr in der Mannschaft für mich. Anderen ging es ähnlich und wir sind dann gemeinsam zu GC."
Die Verschmelzung der Zürcher Clubs erlebte Bringolf, bei seinem Debüt 19 Jahre alt, hautnah mit. Besonders reizvoll und von grosser Brisanz waren 2007/08 die Duelle zwischen GC und ZMC Amicitia. Auch nach zwölf Jahren schmunzelt der Torhüter noch, als er sich an den Sieg seiner damals unerfahreneren GC-Truppe gegen das Starensemble von Amicitia. Angesprochen auf besondere Spieler, die ihm in der langen Zeit in Erinnerung geblieben sind, denkt Aurel Bringolf an "Andy Schmid und speziell sein Zusammenspiel mit Frank Löke oder auch Edin Basic." Auch die Karriere von Arunas Vaskevicius verfolgte Aurel Bringolf intensiv. Zweimal spielte er mit dem Litauer, auf den er erstmals bei einem Probetraining in Zürich traf, zusammen.
Der 63-fache Nationalspieler ist aber auch ein Akteur, der sich über die eigenen Vereinsgrenzen hinweg für den Handball begeistert. Mit grossem Interesse verfolgt er den Zusammenhalt, den Wacker Thun prägt. "Dort sind viele Spieler, die seit der Juniorenzeit zusammenspielen und immer beim gleichen Club waren - das ist spannend. Generell gibt es immer wieder interessante Projekte, die die Clubs vorantreiben, wie zuletzt die beiden neuen Arenen. Es macht Freude, das miterleben zu können", erklärt Bringolf.
Quer durch die NLA
Über ZMC Amicitia Zürich, mit denen er 2009 Schweizer Meister wurde, sowie dem fusionierten Zürcher Club GC Amicitia Zürich kam der 32-jährige während der Saison 2013/14 zu Pfadi. Nach zweieinhalb Jahren bei den Winterthurern zog Bringolf 2016 weiter nach Schaffhausen. Mit den Kadetten gewann er die Meisterschaft, seine Spielanteile entwickelten sich jedoch nicht nach Wunsch. Seine Reise durch die Swiss Handball League führte ihn deshalb nach Gossau. Dort hatte der Torhüter als Stammgoalie grossen Anteil an der erstmaligen Playoff-Qualifikation der Fürstenländer in der Saison 2017/18. Seine Leistungen waren derart beeindruckend, dass der TSV St. Otmar auf der Suche nach einer neuen Nummer 1 bei Bringolf anklopfte.
Seit 2018 steht der 32-jährige nun für Otmar auf dem Feld. Dort ist er ein zentraler Eckpfeiler bei den Bestrebungen an die nationale Spitze zu kommen. Unlängst verlängerte Aurel Bringolf beim TSV St. Otmar bis 2022. "Ich fühle mich sehr wohl in St. Gallen und möchte mit Otmar Erfolg haben. Dass ich so viel herum gekommen bin in der heimischen Liga, war nicht mein Plan. Generell habe ich nie einen Karriereplan gehabt, den ich abgearbeitet habe."
In drei Jahren wird der 190 Zentimeter grosse Torhüter dann 15 Jahre NLA hautnah erlebt haben. Die Chancen auf einem Wechsel ins Ausland werden sodann aller Voraussicht nach geringer. Eine Tatsache, die Aurel Bringolf nicht stört, auch wenn ihn eine fremde Liga durchaus noch reizt. "Im Ausland zu spielen ist immer noch ein Traum von mir. Bisher hat es sich leider noch nie ergeben. Aber sollte sich die Gelegenheit doch mal bieten, schaue ich es mir gerne an."
Wer weiss, ob seine Chancen auf ein Engagement im Ausland als Feldspieler grösser gewesen wären. Denn bevor Bringolf den Weg zwischen die Pfosten fand, war er in der Jugend auch als Feldspieler unterwegs. "In meiner allerersten Saison haben wir auf allen Positionen gespielt. Dank meines damaligen Vorteils der Körpergrösse habe ich viele Tore erzielt. Irgendwann kam aber der Punkt, an dem ich im Tor die grössten Entwicklungssprünge machen konnte. So bin ich im Tor geblieben."
Wenn neben dem Sport und dem Fernstudium in Psychologie noch Zeit bleibt, dann trifft er sich mit Freunden zum gemeinsamen Kochen oder Essen gehen, denn die Kulinarik und das Ausprobieren verschiedenster Koch-Rezepte hat es Aurel Bringolf besonders angetan. Nebst dem treibt der 32-jährige seine Karriere als Golfer voran oder versucht gemeinsam mit seiner Freundin zu verreisen. Als Nationalspieler ist die freie Zeit aber dann doch noch etwas begrenzter, als bei manch anderem.
Sein Debüt im Dress der Schweizer Nati gab Aurel Bringolf 2008 gegen Serbien. Mehr als elf Jahre später steht der Goalie kurz vor seinem grössten Auftritt für die Nationalmannschaft. Der 32-jährige figuriert im 19-Mann-Kader von Nationaltrainer Michael Suter für den Yellow Cup und die bevorstehende Europameisterschaft. Auch wenn er seinen Platz im 17 köpfigen EM-Team noch nicht ganz sicher hat, die Vorfreude auf die EM ist sehr gross. "Für mich wäre es das Highlight schlechthin, wenn ich dort dabei sein darf. Es war immer ein Traum für die Schweiz an einem Grossevent dabei sein zu können."
"Ich laufe nicht mit dem Schild "Berater" herum, gebe aber gerne Tipps an jüngere Spieler."
Die Freude von Aurel Bringolf versteht man umso mehr, da seine Nati-Karriere in der Vergangenheit einem Auf und Ab glich. Fast drei Jahre lang war er in der Auswahlmannschaft aussen vor, nachdem er 2016 beim Aus in der Qualifikation gegen Holland mit von der Partie war. "Nach dem Trainerwechsel von Rolf Brack zu Michael Suter gab es einen radikalen Umbruch, bei dem es im ersten Moment für mich keinen Platz mehr gab. Das war seinerzeit richtig so und der Erfolg von heute gibt dem Trainer im Nachhinein vollkommen recht."
Aurel Bringolf nutzte die Zeit und setzte den Fokus vermehrt auf seine duale Karriere. Dem Handball blieb er aber treu und im Tor von Gossau blühte er wieder richtig auf. "Bei Gossau kam der Spass so richtig zurück und meine Leistungen stimmten wieder. Michael Suter und ich sind dann wieder in Kontakt gestanden und sehr zu meiner Freude, habe ich wieder die Chance bekommen, mich bei der Nati zu beweisen", sagt der Torhüter rückblickend auf die Zeit.
Heute ist er zurück im Kreis der Nationalmannschaft und zählt dabei als zweitältester und vierterfahrenster Akteur zu den Stützen auf, aber auch neben dem Feld. "Ich bin nach und nach in die Rolle des Tippgebers hineingewachsen. Das sagt mir sehr zu. Ich laufe jetzt aber auch nicht mit einem Schild "Berater" herum. Klar geht es auch für mich darum, mich stetig zu beweisen und zu entwickeln. So lange ich Handball spiele, möchte ich auf dem höchstmöglichen Level spielen."
EM, WM, Vereinstitel
Angesprochen auf seine Ziele, antwortet der Student: "Kurzfristig möchte ich mit der Schweiz an der EM spielen. Auch eine WM möchte gerne noch erleben. Im Verein will ich mit Otmar einen Titel gewinnen und unbedingt im europäischen Wettbewerb dabei sein. Duelle im Europacup sind immer eine grosse und spannende Herausforderung."
Schon in Kürze kann er seinen Zielen einen Schritt näher kommen. Am Donnerstag, 19. Dezember, misst sich der TSV St. Otmar mit den Kadetten Schaffhausen im Cup-Halbfinal um den Einzug ins Endspiel. Als ehemaliger Schaffhauser weiss Bringolf um die knifflige Aufgabe, die die St. Galler in der BBC Arena erwartet. Zum Jahresabschluss hoffen die Ostschweizer dann ihren Negativ-Lauf in der Meisterschaft durchbrechen zu können. Seit fünf Spielen wartet St. Gallen auf einen Sieg - gegen Aufsteiger TV Endingen soll das Jahr 2019 mit zwei Punkten beendet werden.
Auf einen hochmotivierten, fokussierten und an Erfahrung reichen Aurel Bringolf kann der TSV St. Otmar dann ebenso zählen wie anschliessend die Schweizer Nationalmannschaft.
NAME Aurel Bringolf JAHRGANG 1987 GRÖSSE 190cm NATIONALITÄT Schweiz POSITION Tor WURFARM rechts AKTUELLER CLUB TSV St. Otmar St. Gallen IM VEREIN SEIT 2018 EHEMALIGE VEREINE Fortitudo Gossau, Kadetten Schaffhausen, Pfadi Winterthur, GC Amicitia Zürich, ZMC Amicitia Zürich, Grashopper-Club Zürich NLA-SPIELE 387 LÄNDERSPIELE 63
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