SPAR Premium League • 08.05.2020
Unter der Leitung von LK Zug Headcoach Christoph Sahli und Athletiktrainer Jonas Müller wird am Samstag, 13. Juni, ein Workshop zum Thema Verletzungsprophylaxe im Handball angeboten. Für die erstmalige Durchführung haben sich bisher rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Bis Mittwochabend, 10. Juni, ist die Anmeldung noch möglich und ein paar Plätze sind noch frei.
Im Handball passieren seit jeher Verletzungen auf allen Stufen und in jeder Alterskategorie gleichermassen. Trotz diesem Bewusstsein nehmen die Meldungen über verletzte Spielerinnen und Spieler nicht ab. Nicht weniger oft liest man in diesen Meldungen von Pech. Doch gerade bei Verletzungen ohne Körperkontakt ist es in den allermeisten Fällen nicht das Pech, das zur Verletzung führte.
In diesem eintägigen Workshop lernen die Teilnehmer in Theorie und Praxis die Verletzungspyramide und deren Umsetzung zur Reduzierung von Verletzungen kennen. Basierend auf wissenschaftlichen Daten und jahrelanger Erfahrung werden Themen wie Athletenmanagement, effiziente Belastungssteuerung, Regeneration, spezifische Prophylaxe und physisches Training in der Planung und Umsetzung möglichst praxisnah vermittelt.
Corona-Update vom 8. Mai 2020: Der Workshop mit Headcoach Christoph Sahli und Athletiktrainer Jonas Müller kann am 13. Juni unter Berücksichtigung der aktuellen Umstände durchgeführt werden, sofern die Einschränkungen nicht nochmals verschärft werden. Die Räumlichkeiten sind gross genug und ein ausreichendes Schutzkonzept ist vorhanden.
Weshalb dieser Workshop?
Christoph Sahli: Einerseits, weil die vielen Meldungen über verletzte Spielerinnen und Spieler in den letzten Jahren nicht weniger wurden. Andererseits, weil ich gemerkt habe, dass vielerorts im Handball das Thema Athletiktraining und Verletzungsprophylaxe verkompliziert und deshalb meist ineffektiv umgesetzt wird. Und, weil bei der heutigen Datenflut schnell ein Wirrwarr entsteht und am Ende die Spieler dann nur noch Zirkusübungen auf instabilen Unterlagen ausführen anstatt Übungen mit einem effektiven Übertrag in unsere Sportart.
Weshalb sollen sich Interessierte für euren Workshop anmelden?
Jonas Müller: Verletzungsprophylaxe ist eine allgegenwärtige Thematik im Spitzensport, nicht nur im Handball. Wir sehen es als unsere Pflicht an, über den Tellerrand hinaus zu schauen und zu sehen, wie dies in anderen Sportarten gehandhabt wird. Insbesondere in jenen, die analog zum Handball schnelle Richtungswechsel und eine hohe Anzahl an direktem Körperkontakt haben. Wir möchten daher einen offenen Austausch fördern, weil alle im gleichen Boot sitzen. Dies ist der Hauptgrund, weshalb wir interessierten Trainern und Betreuern zeigen möchten, wie wir diese Thematik angehen.
Was braucht es denn konkret, um Verletzungen verhindern zu können?
Jonas Müller: Primär die Fähigkeit des gesamten Trainerstaffs, die Belastungen über die Saison sinnvoll zu verteilen. Dazu braucht es die Fähigkeit, jeden/jede Spieler/-in individuell abzuholen und auf seine/ihre Schwächen einzugehen. Wir versuchen dies bei uns so weit wie möglich ganzjährig umzusetzen.
Christoph Sahli: Verletzungen werden sich leider nie verhindern lassen, lediglich das Verletzungsrisiko lässt sich mindern. Die von uns angewendeten Methoden in den letzten zwei Jahren haben beim SPL1-Team des LK Zug sehr gut funktioniert und diese Methoden und alles was dazu gehört möchten wir nun allen Interessierten zugänglich machen.
Müssen Handballerinnen und Handballer also viel mehr Athletik trainieren?
Christoph Sahli: In erster Linie spielen wir Handball, weil wir das Spiel mit dem Ball so lieben. Technik und Taktik werden weiterhin im Vordergrund stehen – und das ist auch gut so. Athletik ist nur ein Teil vom Kuchen, genauso wie das Training der Psyche, und kann deshalb als Zubringer fürs Handballspiel gesehen werden. Je nach Ausgangslage kann allerdings eine leichte Verschiebung der Kuchenteile und vor allem die effektive Umsetzung dieses Teils einen erheblichen Mehrwert ausmachen. Je gesünder und fitter eine Spielerin ist, desto besser kann sie auch Technik und Taktik trainieren. Eine verletzte Spielerin kann das höchstens bedingt.
Sollen denn alle Spielerinnen und Spieler nun gleich trainieren?
Jonas Müller: Handball ist nun mal eine Teamsportart, insofern sollte es bei der Grobplanung immer darum gehen, wo die Schwerpunkte fürs Team liegen. In Abhängigkeit davon versuchen wir dann, die Trainingsreize für die Spielerinnen individuell (wenn möglich) anzupassen. Beispielsweise trainieren in einer Nationalmannschaftspause nicht alle Spielerinnen gleich, weil da die Möglichkeit besteht, gewisse Defizite aufzuholen, was im normalen Trainingsbetrieb schwierig umzusetzen ist.
Im Workshop wird von Athletenmanagement gesprochen. Worum geht es dabei?
Christoph Sahli: Zur Verletzungsprophylaxe gehört vielmehr als nur Athletiktraining und prophylaktische Übungen auszuführen. Einerseits geht es um Planung, andererseits aber auch um die Steuerung. Beides ist für die Verletzungsprophylaxe zentral und höchst individuell. Der vorhin angesprochene Kuchen kann so von Spielerin zu Spielerin unterschiedlich sein. In einer Teamsportart wie Handball scheint das zuerst vielleicht unlogisch, jedoch finden wir kaum bei zwei Spielerinnen in einem Team die gleichen Voraussetzungen vor. Wollen wir unsere Handballerinnen und Handballer effektiv weiterbringen, ist meiner Philosophie nach, ein gewisses Mass an Individualität ein Muss.
Wie erlebst du die Handballerinnen des LK Zug im Athletiktraining? Wo siehst du allenfalls Verbesserungspotential?
Jonas Müller: Ich erlebe die Spielerinnen grundsätzlich als sehr differenzierte Athletinnen. Beispielsweise werden Schwerpunkte in einzelnen Trainingsphasen meist kritisch hinterfragt. Mir persönlich gefällt dies, weil es uns zeigt, dass die Spielerinnen sich mit dem Inhalt auseinandersetzen und wirklich besser werden wollen. Wir haben dank einer digitalen Trainingsplattform die Möglichkeit, die Trainingsbelastung sehr genau zu steuern und zu überprüfen. Verbesserungspotential sehe ich vor allem hinsichtlich der Regeneration – wir können die Spielerinnen ja nicht 24/7 kontrollieren. Trotzdem versuchen wir auch hier, die richtigen Massnahmen umzusetzen, beispielsweise mit einer HRV-Messung.
Christoph Sahli: Stichwort Regeneration: wir Trainer planen in der Regel oft nur das Training. Wir müssen unbedingt damit anfangen auch die Regeneration zu planen und auch das Bewusstsein bei den Spielerinnen schärfen, wie wichtig Ernährung, Schlaf und aktive Regeneration sind. Ohne das, gehen wichtige Adaptionen zur Verletzungsprophylaxe verloren.
Athletiktraining ist bei Handballerinnen und Handballern nicht der beliebteste Teil vom Training. Wie erreicht ihr die Spielerinnen?
Christoph Sahli: Wie gesagt, wir spielen Handball, weil wir das Spiel mit dem Ball lieben, das ist bei uns nicht anders. Es ist wichtig ist, dass wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass der athletische Teil des Kuchens ein Zubringer dafür ist, um gesund zu bleiben und unsere Sportart noch besser ausführen zu können. Das sollten soweit alle verstehen – und sonst können sie ja eine verletzte Spielerin fragen, wie es sich gerade anfühlt, von Aussen zuschauen zu müssen. Zudem gestaltet Jonas unsere Athletiktrainings sehr zielgerichtet und diese Sinnhaftigkeit kommt auch bei den Spielerinnen sehr gut an.
Jonas Müller: Im Vergleich zu anderen Sportarten sind Handballer/-innen diesbezüglich schon sehr weit, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Wir versuchen trotzdem eine Monotonie an Reizen zu vermeiden. Wir wechseln daher oft und gerne gewisse Kraft- und Ausdauertrainingsformen, damit die Spielerinnen motivierter an die Sache rangehen. Ausserdem veranstaltet Christoph öfters mal eine «Challenge» – dies hilft, den Wettkampfgeist auch ins «weniger interessante» Training zu übertragen. Die Spielerinnen ziehen jedoch meistens gut mit und haben längsten erkannt, dass ihr Körper ihre wichtigste Ressource ist, die es zu wahren und zu stärken gilt.
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