20.04.2021
Die Schweizer Frauen verlieren das Rückspiel der WM-Playoffs zuhause gegen Tschechien mit 22:28 (11:14). Die Mannschaft von Trainer Martin Albertsen zeigt erneut einen tollen und beherzten Auftritt, kann den grossen Favoriten aber nicht stürzen. Tschechien lenkt das Spiel in der Mobiliar Arena nach der Pause in entscheidende Bahnen.
Die Schweiz erwischt den perfekten Auftakt und führt nach vier Minuten mit 3:0. Torhüterin Lea Schüpbach hält in der Startphase sehr stark, in der ersten Viertelstunde kommt sie mit fünf Paraden auf eine Quote von 50 Prozent. Tschechien findet jedoch ins Spiel, gleicht nach zwölf Minuten zum 5:5 aus und erarbeitet sich danach bis zur Pause kontinuierlich eine 14:11-Führung. Die Schweizerinnen sind in dieser Phase keinesfalls die schlechtere Mannschaft – aber sie nutzen ihre Chancen nicht. Zu oft scheitert das Heimteam mit freien Würfen an Keeperin Hana Muckova.
Direkt nach der Pause fällt die SHV-Auswahl in ein kleines Loch, begeht mehrere Fehler und kann die Ruhe nicht behalten. Es ist jene Phase, die Tschechien eiskalt ausnützt und dem Match die entscheidende Richtung gibt. Angeführt von der überragenden Marketa Jerabkova bauen die Gäste das Skore bis zur 41. Minute auf 19:12 aus. Den Schweizerinnen gelingt bis zu diesem Zeitpunkt nur ein einziger weiterer Treffer. Rückblickend ist es in den total 120 Minuten jene Viertelstunde, welche den Unterschied ausmacht.
Die junge Schweizer Auswahl ergibt sich aber trotz dieser Hypothek nie in ihr Schicksal, allen Widrigkeiten zum Trotz. Mit Kerstin Kündig und Daphne Gautschi erleiden zwei Teamstützen innert Kürze jeweils Oberschenkelprellungen, Martin Albertsen ist zu zahlreichen Wechseln gezwungen. Just dann gelingen den Schweizerinnen drei Tore in Folge zum 17:21, und es kehrt etwas Hoffnung zurück. Sie werfen daraufhin alles in die Waagschale, können den Rückstand gegen den erfahrenen Gegner aber nicht mehr verkleinern.
Tschechien steigert sich im Vergleich zum Match vom Samstag in verschiedener Hinsicht. Torhüterin Hana Muckova pariert zwölf Würfe, darunter viele Topchancen. Die Tschechinnen sind wesentlich agiler in der Deckung und zwingen die Schweizerinnen im Gegensatz zum Hinspiel zu mehr Würfen aus der zweiten Reihe. Bis zur 20. Minute begehen die Tschechinnen keinen einzigen (!) technischen Fehler. Und die Gäste haben mit der 15-fachen Torschützin Marketa Jerabkova und der umsichtigen Regisseurin Kamila Kordovska zwei bestimmende Angreiferinnen in ihren Reihen.
Dass die Schweiz trotzdem so lange im Spiel bleibt, unterstreicht umso mehr die Qualität des Auftritts der Schweizerinnen in der ersten Halbzeit. Die Mannschaft von Trainer Martin Albertsen ist perfekt eingestellt. Sie verzeichnet in der ersten Halbzeit trotz der Intensität nur vier Ballverluste und erarbeitet sich immer wieder neue Topchancen. Der einzige Makel: Die SHV-Auswahl kann viele ihrer Möglichkeiten nicht verwerten.
In der zweiten Halbzeit zahlt die Schweiz dann Lehrgeld gegen einen erfahrenen Gegner. Mit dem grossen Rückstand auf der Anzeigetafel geht die Ruhe verloren, und die Zahl der Fehler nimmt merklich zu. Trotzdem geben sich die Schweizerinnen niemals auf. Als Sinnbild steht Charlotte Kähr, die nach dem Ausfall von Daphne Gautschi viel Verantwortung übernimmt und mit fünf Treffern beste Torschützin ist. Noëlle Frey zeigt in ihrem letzten Länderspiel ebenfalls eine bärenstarke Leistung.
Noëlle Frey (letztes Länderspiel): «Es haben sich bei uns rund um die Pause ein paar Unkonzentrierten eingeschlichen, die wohl auf die Nervosität zurückzuführen waren. So haben wir uns den Rückstand eingehandelt. Ich muss der Mannschaft aber ein riesiges Kompliment machen. In der zweiten Halbzeit haben wir gekämpft wie die Löwen. Wir wollten unbedingt ins Spiel zurückkommen, aber die Aufholjagd hat einfach nicht sein sollen. Es ist schade, aber aus solchen Spielen kann man enorm viel mitnehmen und lernen.
Ich habe bis zuletzt gehofft, dass wir den Coup schaffen. Wenn wir zur WM gefahren wären, hätte ich meine Karriere um ein halbes Jahr verlängert. Die Mannschaft hat in den letzten Jahren eine riesige Entwicklung durchgemacht. Wir haben eine unglaublich gute Stimmung im Team, einen riesigen Zusammenhalt. Seit ich Nationalmannschaft spiele, hatte ich noch nie so ein Teamfeeling. Die letzten Monate haben mir extrem Spass gemacht. Ich werde es auf jeden Fall sehr vermissen.»
Die Saison 2020/21 ist für die Nationalmannschaft zu Ende. Die nächsten Länderspiele stehen im Herbst auf dem Programm: Die Schweizerinnen treffen zum Auftakt der EM-Qualifikation zuerst auswärts auf Russland (6./7. Oktober) und dann zuhause auf Polen (9./10. Oktober). Die Vierergruppe wird komplettiert von Litauen; die beiden besten Mannschaften qualifizieren sich für die EHF EURO 2022 in Slowenien, Nordmazedonien und Montenegro.
Schweiz – Tschechien 22:28 (11:14)
Mobiliar Arena, Gümligen – 50 Zuschauer – Sr. Merz/Kuttler (GER).
Torfolge: 3:0 (4.), 3:2, 4:2, 5:3, 5:5, 6:5, 7:6 (16.), 7:9 (19.), 8:10, 10:10 (27.), 10:12, 11:12, 11:14; 11:17, 12:17, 12:19 (41.), 14:21, 17:21 (46.), 17:23, 19:23, 20:24, 20:26, 22:28.
Strafen: 4mal 2 Minuten gegen die Schweiz; 3mal 2 Minuten gegen Tschechien.
Schweiz: Schüpbach (11 Paraden)/Brütsch (für 3 Penalties)/Dokovic (für 1 Penalty); Wick, Kündig (3/2), Lisa Frey, Schmid, Cavallari (1), Gautschi (2), Hodel (2), Hess (4), Kähr (5), Riner, Altherr (1), Noëlle Frey (4), Heinzer.
Tschechien: Muckova (12 Paraden)/Bezpalcova (für 1 Penalty); Knedlikova (2), Konecna (2), Manakova, Kvasova (1), Kordovska (4), Hrbkova (1/1), Hurychova, Ticha, Marcikova, Striskova, Zachova, Kovarova (3), Jerabkova (15/4), Mala.
Bemerkungen: Schweiz ohne Wyder, Murer (beide verletzt), Eugster und Bächtiger (beide überzählig). Jerabkova schiesst Penalty über das Tor (39./12:17). Letzte Länderspiele von Noëlle Frey und Simona Cavallari (beide Rücktritt).
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