06.10.2021
Die Schweizer Frauen haben zum Auftakt der EM-Qualifikation auswärts gegen Russland mit 22:26 (7:13) verloren. Die SHV-Auswahl von Trainer Martin Albertsen erkämpfte sich in Moskau gegen den Olympia-Zweiten mit einer tollen zweiten Halbzeit aber einen Achtungserfolg und sammelte Mut für das Heimspiel vom Sonntag gegen Polen.
Russland startete vor 750 Zuschauern standesgemäss und führte nach zehn Minuten bereits mit 6:2. Die Schweizerinnen brauchten einen Moment, um in die Partie zu finden und handelten sich in der ersten Viertelstunde schon drei Zeitstrafen ein. In der Folge spielten sie aber keck auf Augenhöhe mit – sie verpassten es einzig, sich mit einer besseren Chancenauswertung für ihre wiederholt schönen Offensivaktionen belohnen: Zu oft scheiterten sie freistehend entweder an der Torumrandung oder an Keeperin Anastasiia Lagina. Bis zur 25. Minute (10:7) verlief das Spiel resultatmässig ausgeglichen; dann stellten die Russinnen mit drei Toren in Folge doch noch eine deutliche Pausenführung her.
Die Sbornaja kam sehr schwungvoll aus der Kabine zurück und entschied die Partie gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit mit sieben Toren in den ersten acht Minuten. Die Schweizerinnen konnten der beeindruckenden Physis und dem Tempo des Gegners in dieser Phase kurzzeitig nicht viel entgegenhalten, wobei das brutale Zwischenresultat danach (20:9) zu deutlich war für die bis dahin gezeigten Leistungen auf dem Feld.
Das korrigierten die Schweizerinnen aber in den letzten 20 Minuten. Es half, dass die Russinnen nach der klaren Führung einen Gang zurückschalteten – doch die SHV-Auswahl war zur Stelle, hatte die taktischen Mittel und wusste die Offerte konsequent anzunehmen. Die Schweiz erzielte 13 Tore in 22 Minuten und verkürzte den Abstand auch dank guter Deckungsarbeit kontinuierlich: Sie zwang den nun etwas fahrig agierenden Olympia-Zweiten in zahlreiche Ballverluste. Ein Punktgewinn blieb für die SHV-Auswahl dennoch ausser Reichweite. Der Penaltytreffer von Xenia Hodel zum 22:26 bildete den Schlusspunkt und stellte ein aus Schweizer Sicht verdientes und insgesamt wohl korrektes Endergebnis her.
Die Schweiz überzeugte in Moskau durch Ausgeglichenheit. Die Basis bildete eine gute Verteidigung, die sich vor allem in den letzten 20 Minuten zahlreiche Bälle erkämpfte. Torhüterin Lea Schüpbach begann stark und zeigte spektakuläre Paraden, konnte ihre Quote aber nicht bis zum Schluss durchziehen. Offensiv trugen sich neun verschiedene Schweizerinnen in die Skorerinnenliste ein; fünf Spielerinnen erzielten drei oder mehr Tore. Am erfolgreichsten waren Kerstin Kündig und Xenia Hodel mit je vier Treffern. Erwähnenswert war, dass die Gäste in 60 Minuten nur elf Turnover verzeichneten – sechs weniger als der hochdekorierte Gastgeber. Es war ein starkes Zeugnis für die taktische Disziplin der Schweizerinnen.
Mit Mia Emmenegger kam eine erst 16-jährige Hoffnungsträgerin auf dem rechten Flügel zu ihrem Länderspiel-Debüt. Die Tochter der ehemaligen Nationalspielerin Caroline Emmenegger-Brunner blieb bei ihren ersten Abschlüssen zwar glücklos; sie liess sich davon aber nicht entmutigen und stellte ihre Qualitäten fortan unter Beweis. Die junge Akteurin der Spono Eagles, die an der U17 EHF EURO im August ins All Star Team gewählt wurde, hatte am Ende drei Treffer in ihrer Statistik.
Martin Albertsen (Nationaltrainer): «Eine Niederlage ist nie schön, aber wir gehen mit erhobenem Haupt aus dieser Partie. Wir hatten Probleme nach der Pause, lagen deutlich zurück; wir kämpften uns aber wieder heran. Minus vier in Russland ist okay, auch wenn wir selbstverständlich nach Höherem streben. Für ein besseres Resultat haben wir heute zu viele freie Chancen verworfen. Positiv ist jedoch, dass wir uns sehr viele Möglichkeiten erarbeitet haben. Das zeigt, dass unser Angriff taktisch sehr gut funktioniert hat.
In der Abwehr braucht es neben der Disziplin auch noch etwas mehr Aggressivität – so, wie in den letzten 20 Minuten. Die Leistung aus der Schlussphase ist unser Anspruch für die gesamte Spielzeit. Wir müssen dabei aber auch das Niveau des Gegners im Kopf behalten – das sind zwei verschiedene Welten. Die Russinnen spielen international auf höchstem Niveau; da fehlt uns im Vergleich noch etwas die Härte und Erfahrung. Insgesamt haben wir aber gesehen, dass wir den nächsten Schritt in unserer Entwicklung gemacht haben. Die Taktik als Team genügt bereits hohen Ansprüchen und funktioniert auch gegen einen Gegner wie Russland; jetzt müssen wir weiter konsequent an der technischen Entwicklung unserer Spielerinnen arbeiten.»
Die Schweizerinnen reisen am Donnerstag zurück in die Schweiz. Am Sonntag steht das erste Heimspiel der Qualifikation zur EHF EURO 2022 an: Mit Polen ist ein WM-Teilnehmer in der AXA Arena in Winterthur zu Gast. Die Polinnen gewannen ihr Auftaktspiel der Ausscheidung gegen Litauen diskussionslos mit 36:22 (22:12). Anpfiff am Sonntag ist um 15 Uhr. Tickets gibt es bei Ticketcorner; das Spiel ist unter srf.ch/sport im kommentierten Livestream zu sehen. Der SHV hat das Personal des Kantonsspitals Winterthur sowie von Medbase Winterthur zum Spiel in der AXA Arena eingeladen.
Russland – Schweiz 26:22 (13:7)
Volleyball Arena «Dynamo», Moskau – 750 Zuschauer – Sr. Nabokow/Kulik (BLR).
Strafen: 3mal 2 Minuten gegen Russland; 5mal 2 Minuten gegen die Schweiz.
Russland: Lagina (5 Paraden)/Kaplina (ab 31./4 Paraden); Davidenko, Michailitschenko (5), Fomina (4), Sabirowa (3), Kirdiaschewa (6), Skorobogatschenko (1), Nikitina (2), Illarionowa, Schaposchnikowa, Zelenkowa (2), Kornejewa, Murzaliewa (2), Schtscherbak, Markowa (1).
Schweiz: Schüpbach (6 Paraden)/Brütsch (für 3 Penalties/1 Parade); Wick, Kündig (4/1), Frey (1), Schmid (2), Emmenegger (3), Hodel (4/1), Hess (3), Goldmann, Kähr (1), Riner, Altherr, Eugster (1), Heinzer (3), Bächtiger.
Bemerkungen: Schweiz ohne Gautschi (krank) und Murer (rekonvaleszent). Kaplina hält Penalty von Heinzer (37./19:9). Brütsch hält Penalty von Murzaliewa (43./22:14). Kündig schiesst Penalty über das Tor (46./22:15). Länderspiel-Debüts von Mia Emmenegger und Norma Goldmann.
Der SHV ist der nationale Fachverband und das Kompetenzzentrum für den Handballsport in der Schweiz.
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