Zwei Anträge von trans Handballer:innen beim SHV

Handball Schweiz  •  23.12.2021

Symbolbild_Transgender

Dem Schweizerischen Handballverband liegen zwei Anträge von trans Handballer_innen vor. Sie wollen im Verein spielen und am sportlichen Wettkampf teilnehmen. Jonas Schneider, Leiter Spielbetrieb, schildert, wie der SHV bei der Bewertung dieser Gesuche vorgehen möchte.

Jonas Schneider, wie sieht die generelle Position des SHV bezüglich der geschlechtlichen Vielfalt im Sport aus?
Wie in unserer «Vision 2025» vermerkt, steht bei uns der handballinteressierte Mensch im Mittelpunkt. Als nationaler Sportverband sorgen wir dafür, dass Nationalität, Alter, Geschlecht, sexuelle Orientierung, soziale Herkunft, religiöse und die politische Ausrichtung nicht zu Benachteiligungen führen. Kurzum: Alle Menschen, die Handball lieben, finden bei uns einen Platz.

Zwei Anträge von trans Handballer_innen sind eingereicht. Sie wollen im Verein spielen und am sportlichen Wettkampf teilnehmen. Wie will der SHV nun konkret vorgehen?
Wir wollen in erster Linie den Wünschen der handball-interessierten trans Personen gerecht werden. Allerdings müssen wir auch sicherstellen, dass die sportliche Fairness gegenüber cis und trans Menschen stets gewährleistet ist. So werden wir jeden Fall einzeln beurteilen. Dabei orientieren wir uns an den Guidelines unseres Dachverbands Swiss Olympic und lassen Expert_innen-Meinungen einfliessen.

Wie sehen die Empfehlungen von Swiss Olympic aus?
Swiss Olympic stützt sich auf das «Framework on Fairness, Inclusion and Non-Discrimination» des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), welches ursprünglich 2003 veröffentlicht und 2015, sowie 2021 überarbeitet wurde. Darin ist vermerkt: «Es ist wichtig, Trans-Athletinnen und -Athleten zu ermöglichen, an sportlichen Wettbewerben teilzunehmen.» Da aber faire Wettkampfbedingungen höchste Priorität geniessen, müssen ein paar Punkte beachtet werden. So empfiehlt Swiss Olympic sämtliche Anträge von trans Männern (Männer, die bei der Geburt als weiblich eingetragen wurden) gut zu heissen. Sie sollen ohne Restriktionen am Wettkampf teilnehmen können. Das ist auch die Haltung des SHV.

Und die trans Frauen?
Da ist es insofern komplizierter, als dass trans Frauen physische Vorteile gegenüber cis Frauen habe könnten, unter anderem, da sie häufig über einen höheren Testosteron-Wert als cis Frauen verfügen. Das IOC hat deshalb bisher für trans Athletinnen im Leistungssport eine künstliche Verringerung der Testosteron-Werte vorgeschlagen. Dieses Vorgehen ist aber umstritten, auch in der Wissenschaft herrscht keine Einigkeit. Neu empfiehlt das IOC, in jeder Sportart spezifisch zu definieren und wissenschaftlich zu prüfen, welche Merkmale zu unfairen Vorteilen für trans Athletinnen gegenüber cis Frauen führen. Wir sind zusätzlich der Überzeugung, dass auch ethische Grundsätze und Menschenrechte berücksichtigt werden müssen.

Das heisst, die Anträge werden angenommen, unabhängig davon, ob es sich um trans Männer oder trans Frauen handelt?
Wie oben erwähnt, schauen wir jeden Fall einzeln an. Wir wollen bei trans Frauen so pragmatisch wie möglich vorgehen und ihnen die Teilnahme am Wettkampf auch ohne künstliche Regulierung der Testosteronwerte oder anderen Auflagen erlauben. Das ist unser Ziel, insbesondere im Breitensport – bei allen trans und auch non-binären Menschen. Vorgängig wollen wir bei den betroffenen Vereinen Aufklärungsarbeit leisten, denn vor allem im Breitensport soll Selbstbestimmung und das psychische Wohlergehen der einzelnen Athlet_innen hoch gewichtet werden. So sollen sich beim SHV alle Handballer_innen willkommen fühlen und ihrem Hobby weiter frönen können.

Erklärung der Begriffe

  • Trans: Keine Identifikation mit dem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht. Eine trans Frau wurde nach der Geburt dem männlichen Geschlecht zugeordnet, ein trans Mann dem weiblichen.
  • Cis: Identifikation mit dem bei der Geburt zugeordneten Geschlecht. Eine cis Frau wurde dem weiblichen Geschlecht zugeordnet, ein cis Mann dem männlichen.
  • Non-binär: Selbstbezeichnung für eine Geschlechtsidentität, die sich nicht in der Gegenüberstellung von Mann oder Frau beschreiben lässt. Damit kann eine Geschlechtsidentität «zwischen», «sowohl-als-auch», «weder-noch» oder «jenseits von» männlich und weiblich gemeint sein.
Quelle: Raphael Bischof

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Der SHV ist der nationale Fachverband und das Kompetenzzentrum für den Handballsport in der Schweiz.
Der SHV ist Mitglied von Swiss Olympic sowie des Weltverbands IHF und der Europäischen Handball Föderation EHF.

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