Nationalteam Frauen • 04.03.2022
Manuela Brütsch (38) ist mit über 150 absolvierten Spielen in der Frauen-Nationalmannschaft die absolute Rekordspielerin der Schweiz. Im Interview mit handball.ch blickt sie auf ihre Anfänge in der Nati zurück, streicht ein besonderes Erlebnis heraus und spricht über ihre letztes grosses Ziel.
Den grossen Meilenstein hat Manuela Brütsch schon letzten November im tschechischen Cheb erreicht. Bei der 22:27-Niederlage gegen Norwegen hütete sie zum insgesamt 150. Mal das Tor der Schweizer Nationalmannschaft. Am Donnerstag beim 36:30-Sieg gegen die Litauerinnen kam Nummer 151 dazu. Beim Heimspiel in Gümligen BE am Sonntag wird Brütsch für ihre grossen Verdienste geehrt werden.
Manuela, magst du dich noch an dein erstes Mal in der Nati erinnern?
Manuela Brütsch: Ganz ehrlich? An meinen ersten Einsatz zwischen den Pfosten kann ich mich nur verschwommen erinnern. Allerdings ist mir die WM-Qualifikation von damals noch sehr präsent. Im November 2004 flogen wir nach Aserbeidschan, ich war das erste Mal bei einem Lehrgang dabei. Im zweiten Spiel gegen Portugal debütierte ich dann für die Nationalmannschaft. Ich war 20 Jahre alt.
Seither hast du 150 Länderspiele bestritten. Eine unglaubliche Marke. Welches war dein grösster Sieg in diesen 18 Jahren Nationalmannschaft?
Ein einzelnes Spiel herauszustreichen ist schwierig. Leider schafften wir es noch nie an einen Grossanlass. Was in wunderbarer Erinnerung bleibt, waren die für uns 2018 sehr überraschenden zwei Siege gegen die Ukraine. Es war dies der erste Lehrgang mit dem neuen Trainer, Martin Albertsen. Highlights waren auch die gewonnen Vor-WM-Qualis in Siggenthal 2018 und letztes Jahr in Belarus. Danach sind wir gegen die Tschechinnen ja denkbar knapp gescheitert.
War das die Niederlage mit dem bittersten Beigeschmack?
Wir waren halt noch nie so nahe dran. In meinen früheren Nati-Jahren fehlte auch oft der Glaube an den Sieg. Das war im WM-Playoff-Rückspiel vergangenes Jahr gegen Tschechien nach dem Unentschieden auswärts in Cheb sicher anders.
Du bist in deinen 18 Jahren Nati auch sehr viel herumgekommen. Erzähl uns von deiner verrücktesten Reise!
Brasilien 2016 – das war bestimmt das grösste Abenteuer meiner langen Nati-Karriere. Wir wurden von den Brasilianerinnen sehr kurzfristig als Test-Gegner für die Olympischen Spiele in Rio eingeladen. Es fühlte sich an, als ob wir in einem Wettbewerb Ferien in Brasilien gewonnen hätten. Schliesslich reisten wir für zirka zehn Tage nach Südamerika, trainierten dort und traten auf dem Olympia-Gelände zweimal gegen Brasilien an. Wir dachten, das interessiert doch niemanden. Doch weit gefehlt. Obwohl wir um halb zehn am Morgen (!) spielten, feierten die Fans auf den Rängen eine riesige Party. Es waren einige tausend da.
Was hat sich seit 2004 und deinem Debüt am meisten verändert bei den Nati-Zusammenzügen?
Der Sport hat sich entwickelt, es ist alles viel professioneller geworden. In meinen Anfangszeiten hatten wir kaum Medienpräsenz in der Schweiz. Irgendwann wurden unsere Heimspiele dann im TV übertragen. Und auch die Einstellung der Spielerinnen hat sich verändert. Früher setzten viele noch nicht auf Handball, mussten die Nati-Lehrgänge mit der Arbeit koordinieren und Urlaub beziehen. Heute ist ein Spiel von uns zudem viel besser vermarktet. Wenn ich in eine Halle schreite, merke ich, jawohl – das ist ein Event. Das war früher sicher andres.
Wer war deine beste Mitspielerin?
Das ist schwierig zu sagen, weil sich der Sport und somit das Niveau sehr verändert haben. Früher war unser Star wohl Barbara «Baba» Spreiter. Heute haben angefangen bei unserer Leistungsträgerin Kerstin Kündig viel mehr Spielerinnen internationales Level.
Und wer ist deine beste Teamkollegin?
Heute bin ich meist mit Kerstin Kündig im Zimmer. Früher mit Karin Weigelt. Ich könnte noch viel mehr Spielerinnen aufzählen. Schön ist, dass ich immer noch mit vielen Ehemaligen Kontakt habe.
Du bist 38 Jahre jung, in der Nationalmannschaft spielen heute aber vermehrt Spielerinnen, die noch nicht 20 Jahre alt sind. Was gibst du ihnen mit auf den Weg?
Um Erfolg zu haben, sollte man sich nie zufrieden geben. Früher war das grösste, was eine Schweizer Spielerin erreichen konnte, die Bundesliga. Heute dürfen einige auch von der Champions League träumen. Man sollte aber immer «step by step» gehen, und manchmal einen Zwischenschritt einlegen – dann kommt der Erfolg automatisch.
Blicken wir noch in die Zukunft. Welche Pläne hast du noch mit der Schweizer Nationalmannschaft?
Ich habe für mich selber entschieden, dass ich die Heim-EM 2024 in Basel sicher noch spielen will. Das ist mein letztes Ziel. Dafür gibt es aber keine Garantie. Einerseits muss die körperliche Verfassung stimmen, andererseits gibt es auch Konkurrenz auf meiner Position. Das soll auch so sein. Die Heim-EM wäre aber bestimmt ein schöner Abschluss meiner Karriere.
Die Schweizer Nati ohne dich – das geht fast nicht mehr. Wirst du ihr auch nach deiner Aktiv-Karriere erhalten bleiben?
Ich würde dem Schweizer Handball gerne erhalten bleiben. Das wird wohl in Richtung Goalie-Trainerin gehen. Ob das bei einem Verein, in der Nati oder bei den Junioren ist, wird sich zeigen. Ich würde aber gerne etwas zurückgeben. Daher freue ich mich, darf ich schon diesem Sommer mit der U20-Nationalmannschaft als Goalie-Trainerin mit an die WM.
Am Sonntag steigt in Gümligen BE im Rahmen der EM-Qualifikation das Heimspiel der Frauen-Nationalmannschaft gegen Litauen. Manuela Brütsch wird vor dem Anwurf um 16 Uhr geehrt werden. Der SHV hat bereits rund 1000 Tickets verkauft, über Ticketcorner können Eintrittskarten aber nach wie vor erworben werden.
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