«Wichtig und positiv, dass die Arbeit mit Kindern und Handball in mein Leben zurückgekehrt sind»

Handball Schweiz  •  12.07.2022

Thun Engagiert Sich In Der Flüchtlingshilfe Mit Offenem Training

Im Rahmen des Engagements Sport4Refugees haben die Thuner Vereine Rotweiss und Wacker Thun ein eigenes Kinderhandball-Training in ukrainischer Sprache auf die Beine gestellt. Geleitet wird das Schnupperangebot von Lena Chubenko, die selbst aus der Ukraine geflüchtet ist. Wie sie seitdem in der Schweiz zurechtkommt, hat sie handball.ch erzählt.

Lena Chubenko, seit Mitte Juni leitest du, gemeinsam mit dem Trainerteam U9/U11 der Thuner Handballvereine, ein spezielles Schuppertraining für ukrainische Flüchtlingskinder. Wie hast du die ersten Trainings empfunden, bist du zufrieden?

Lena Chubenko: Die ersten beiden Trainingseinheiten liefen sowohl für die Kinder als auch für mich als Trainerin hervorragend. Ich bin sehr beeindruckt von der gesellschaftlichen Haltung zum Kindersport in der Schweiz. Und der Beitrag, den die Handballvereine in Thun zur Entwicklung junger Sportler leisten, hat mich wirklich verblüfft. Die Organisation und das Engagement der ehrenamtlichen Vereinsverantwortlichen sind vorbildlich.

Auch die Zusammenarbeit der Frauen- und Männervereine bei der Entwicklung des Kinderhandballs muss hervorgehoben werden. Da meine Gruppe aus Kindern unterschiedlichen Alters besteht, war ich angenehm überrascht, dass sogar Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren, die noch nie Handball gespielt haben, sich für unseren Sport interessieren und gerne zu unseren Trainingseinheiten kommen.

Was bedeutet es für dich, dich in der Schweiz weiter im Handballsport engagieren zu können?

Lena Chubenko: Ich bin jetzt in der Lage, mein Wissen und meine Erfahrung anzuwenden und weiterzugeben. Ich trainiere sehr gerne, und kann dabei mein Potenzial und meine Wünsche verwirklichen. Es ist eine sehr wichtige und positive Veränderung in meinem Leben, auch wenn der Krieg mir fast alles genommen hat, dass die Arbeit mit Kindern und der Handball wieder in mein Leben zurückgekehrt sind.

Was sind deine Hoffnungen für die Zukunft?

Lena Chubenko: Ich wünsche mir, mich so schnell wie möglich in der Schweiz zu integrieren, die Sprache zu lernen und mein Engagement im Kinderhandball fortzusetzen. Natürlich würde ich gerne einen Job finden und wieder eine stabile Zukunft für mich und mein Kind haben.

Wie fühlst du dich allgemein in der Schweiz aufgehoben?

Lena Chubenko: In der Schweiz fühle ich mich sehr wohl und sicher – die soziale Struktur, die Schweizer Traditionen und ihre Kultur stimmen mit meiner Lebenseinstellung überein. Ich war sehr beeindruckt vom Niveau der sozialen Gerechtigkeit im Land. Und ich schätze es sehr, dass die Menschen auf meine Lebenssituation eingehend reagieren.

Womit hast du bislang noch Schwierigkeiten?

Lena Chubenko: Im Moment habe ich noch Probleme, eine passende Wohnung zu finden. Es ist sehr schwierig, eine Unterkunft für Flüchtlinge zu finden. Da ich derzeit keine feste Stelle habe, ist es fast unmöglich, eine Wohnung zu mieten, die meinem Lebensstandard entspricht.

 

Das Interview ist dank Hilfe von Marlene Zbinden (Rotweiss Thun) sowie Andrey Chernov (Wacker Thun) als Dolmetscher zustande gekommen, denen wir an dieser Stelle herzlich danken. Wacker Thun und Rotweiss Thun suchen derzeit finanzielle Unterstützung, um Lena Chubenko und ihre Familie konkret mit Unterkunft und Sprachkurs helfen zu können. Bei Interesse können sich Personen oder Firmen an einen der Vereine wenden.

Zur Person

Lena Chubenko, 48, stammt aus Kiew und hat einen sechsjährigen Sohn sowie eine erwachsene Tochter. Vor Kriegsausbruch war Lena CEO einer Teefabrik in Kiew und hatte sich als erfolgreiche Managerin einen Namen gemacht. Ihre Handballkarriere begann Olena bei Spartak Kiew und gewann als Juniorin mit dem Verein die Meisterschaft der damaligen UdSSR. Sie absolvierte die Trainerausbildung an der National University of Ukraine on Physical Education and Sport, welche sie 1996 erfolgreich abschloss. Im März 2022 flüchtete Lena mit ihrem Sohn vor dem Krieg in die Schweiz.

Sport4Refugees

Zusammen mit dem Projekt Sport4Refugees bietet der Schweizerische Handball-Verband (SHV) Hilfe und ein Netzwerk für Vereine und Flüchtlinge. Der Verband übernimmt etwa die Kosten für Neumeldungen und die Gebühren von Kinder- und Jugendlizenzen für Geflüchtete bis zum Gesamtbetrag von 2’000 Franken. Vereine, die bereit sind, mehrere Flüchtlinge in ihre sportlichen Angebote aufzunehmen, können sich direkt bei Sport4Refugees melden. 

Sport4Refugees ist eine internationale Initiative der Non-Profit-Organisation Responsiball. Auch die schweizerische Heinz-Schöffler-Stiftung unterstützt das Projekt.

Quelle: Carolin Thevenin (Text), zVg (Bild)

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