Knut Ove Joa: «Ich hasse es, zu verlieren»

Nationalteam Frauen  •  13.10.2023

Knut Ove Joa im Training in Schaffhausen

Die Schweizer Frauen-Nationalmannschaft hat einen neuen Trainer. Knut Ove Joa über den gelungenen Start in St. Gallen, seine Art zu coachen und die Heim-EM. Und der Norweger verrät, wen seine Frau und Kinder am Samstag beim Spiel in Larvik (NOR) unterstützen werden.

Knut, willkommen in der Handball-Schweiz! Der Start als Frauen-Nationaltrainer ist dir mit einem 33:27-Sieg gegen Österreich geglückt. Was ging dir in St. Gallen kurz nach Abpfiff durch den Kopf?
Es war ein sehr schönes Gefühl, denn es ist immer gut mit einem Sieg zu starten. Die Spielerinnen haben den Game-Plan in kurzer Zeit sehr gut umgesetzt und das Publikum in St. Gallen trug das seine zu einer tollen Atmosphäre bei. Ich bin sehr glücklich mit diesem Start.  

Jetzt sind wir hier in Norwegen und spielen am Samstag gegen dein Heimatland. Ausgerechnet!
Stellt euch vor, ein Schweizer Trainer würde gegen die Schweiz coachen – es ist am Samstag natürlich sehr speziell für mich. Aber wenn die Partie läuft, wird es eine Partie wie jede andere sein.

Wie geht man in ein solches Spiel, in welchem man auf dem Papier haushoch unterlegen ist? Du marschierst kaum in die Kabine und sagst, heute gewinnen wir klar.   
Wir müssen eine Siegermentalität haben. Immer. Egal ob der Gegner Norwegen oder wie auch immer heisst. Aber natürlich konzentrieren wir uns am Samstag vor allem auf uns. Norwegen ist der amtierende Europameister und könnte diesen Titel auch mit der zweiten Garde holen. Dem sind wir uns bewusst. Dieses Spiel wird uns helfen noch näher an die Weltklasse-Teams heranzurücken. Und mal schauen, was am Ende auf der Resultattafel steht.

Gibst du wie in St. Gallen wieder allen Feldspielerinnen Einsatzzeit?
Ja, das habe ich vor. Ich möchte allen Akteurinnen die Gelegenheit geben gegen Norwegen auf der Platte zu stehen und Erfahrungen zu sammeln. Das ist der einzige Weg, wie wir besser werden können. Der Vergleich mit der Weltspitze ist wichtig für uns.

Sprechen wir über Dich. Du warst in den vergangenen Jahren mehrheitlich im norwegischen Nachwuchs aktiv. Wie nur wurdest du diesen Sommer Schweizer Nationaltrainer?
Ich verfolge das Projekt im Schweizer Frauen-Handball schon länger. Und im Sommer konnte man im Wald ein Rauschen hören, nämlich dass der Schweizer Verband jemanden wie mich sucht. Eine Vertrauensperson sagte mir dann, ich hätte gute Chancen. Ich führte dann viele und gute Gespräche mit den Personen aus dem Verband und schliesslich kam das Engagement zustande. Ich bin stolz, als Schweizer Nationaltrainer auserkoren worden zu sein.

Wer ist Knut Ove Joa? Wie würdest du dich als Handball-Trainer aber auch als Menschen beschreiben?
Das Wohl meiner Mitmenschen ist mir wichtig und ich höre ihnen gerne zu. Wenn ich einem Team etwas gebe, erwarte ich aber auch, dass etwas zurückkommt. Loyalität und Ehrlichkeit sind für mich zwei wichtige Dinge. Mit Menschen, die nicht loyal und ehrlich sind, arbeite ich nicht zusammen.

Auffallend ist, dass du hier im Camp viele Einzelgespräche mit den Spielerinnen führst. Was wird da besprochen? Und wird das auch bei künftigen Zusammenzügen so sein?
Ich möchte wissen, wer die Spielerinnen sind. Ich will sie kennen lernen und sie mich. Wir werden auf dem Feld hart arbeiten, neben dem Platz wollen wir aber auch eine gute Zeit haben. Das fördert das Team-Gefüge, in welchem jede jeder vertrauen soll. Während den eigentlichen Trainings und in den Spielen erwarte ich aber hundertprozentigen Einsatz und Commitment. Ich hasse es, zu verlieren.

Knut Ove Joa bei seiner Premiere

Wie willst du den Schweizer Frauen-Handball weiter verbessern?
Im Schweizer Frauen-Handball wurde in den vergangenen Jahren sensationelle Arbeit geleistet. Das sieht man auch an den Erfolgen der U-Nationalteams. Darauf können wir aufbauen. Nun komme ich aus einem handballverrückten Land, dem Land des aktuellen Europameisters. Ich habe viele Ideen. Jetzt will ich sehen, welche Inputs aus Norwegen ich in das Schweizer Projekt bringen kann, um dieses noch besser zu machen.

Warst du schon SPL-Spiele besuchen? Und wie nimmst du die Schweizer Liga wahr?
Ich war nun schon dreimal in der Schweiz und seit die SPL wieder gestartet ist, war ich bei Spielen in Winterthur und St. Gallen und hatte dort gute Austausche mit den Vereinsverantwortlichen. Der Kontakt mit den SPL-Trainern ist mir allgemein sehr wichtig. Denn es gibt in der Schweiz viele Spielerinnen mit grossem Potential. Dieses müssen wir nutzen. Zudem haben wir als Herzstück die Akademie in Cham, in welcher wir von höchst professionellen Umständen profitieren. Darüber bin ich sehr froh.  

Am 29. November 2024 spielen wir vor einer hoffentlich vollen Halle zum ersten mal ein EM-Endrundenspiel auf heimischen Boden. Wie präsent ist die Heim-EM 2024?
Ich habe einen kurz- und langfristigen Plan in meinem Kopf. Wie wollen wir uns unmittelbar verbessern, und an welchen Schrauben müssen wir drehen, damit der Schweizer Handball in einem Jahr und darüber hinaus profitieren kann? Die Heim-EM spielt in beiden Plänen eine zentrale Rolle.

Abschlussfrage: Du hast deine Frau und deine zwei Söhne seit zwei Wochen nicht mehr gesehen. Sind sie am Samstag in Larvik in der Halle und wen feuern sie an?
Die drei sind bereits in Larvik. Meine Frau ist eine ehemalige Profispielerin und sie besteht darauf meine Vorbereitungen in Norwegen nicht zu stören und mich erst nach dem Spiel zu sehen. Meine Kinder wollen Papa siegen sehen, hoffen aber natürlich auf einen norwegischen Erfolg (lacht).

Quelle: Raphael Bischof (Interview), Alexander Wagner (Fotos)

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