Merz/Kuttler am Woman Power Treff: «Gleiche Rechte, gleiche Pflichten»

Handball Schweiz  •  13.07.2023

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Am 37. Stadtwerk Cup Mitte August in St. Gallen treffen nicht nur hochkarätige Teams aus dem Frauenhandball aufeinander. Dann findet auch der nächste Woman Power Treff der Schiedsrichter-Abteilung des SHV statt. Mit dabei am 13. August sind unter anderem die deutschen Top-Schiedsrichterinnen Maike Merz und Tanja Kuttler.

Das deutsche Schiedsrichterinnen-Paar Maike Merz und Tanja Kuttler hat zu Jahresbeginn historisches geschafft: Sie sind die ersten weiblichen Referees, die an einer Männer Handball-WM im Einsatz standen. Damit nicht genug: die Schwestern meistern neben den Einsätzen auf dem Handball-Parkett auch den familiären Balance-Akt. Mit ihrem Werdegang sind sie nicht nur Vorreiterinnen, sondern mittlerweile auch Vorbilder für junge Handballerinnen und Schiedsrichterinnen geworden.

Vom 11. bis 13. August werden Merz und Kuttler am St. Galler Stadtwerk Cup im Einsatz stehen und am Sonntagvormittag während eines Austausches über ihren Werdegang, Herausforderungen und Glücksmomente sprechen (weiteres über den Woman Power Treff unten im Text). Im Vorfeld haben sie bereits schriftlich auf einige Fragen von handball.ch geantwortet.

 

Maike Merz und Tanja Kuttler, ihr werdet im August am Vorbereitungsturnier Stadtwerk Cup pfeifen. Was verbindet ihr mit St. Gallen?

Als ‘Bodensee-Deutsche’ ist die Schweiz wie eine zweite Heimat für uns - vor allem in den Wintermonaten, sofern es der Handball zulässt! Die Stadt St. Gallen haben wir aber tatsächlich erst durch den Handball kennengelernt. Wir durften schon mehrfach am Stadtwerk-Cup teilnehmen und hatten wirklich immer eine gute Zeit dort. Es ist ein liebevoll organisiertes Handball-Turnier auf Top-Niveau, bei dem bis ins kleinste Detail alles stimmt. Wir freuen uns riesig, in diesem Jahr mal wieder dabei zu sein!

Was möchtet ihr am Frauenpower-Treff weitergeben, was liegt euch besonders am Herzen?

Wir halten es für unglaublich wichtig, dass das Thema "Schiedsrichter" mehr in den Fokus der Medien und der öffentlichen Aufmerksamkeit rückt – denn je "menschlicher" der Schiedsrichter in der Öffentlichkeit dargestellt wird, desto interessanter wird er. Es ist sehr leicht, über den Schiedsrichter zu schimpfen - wenn man ihn aber vermenschlicht und zeigt, wer hinter der Person steckt, sind nicht wenige wirklich beeindruckt von dem, was ein Schiedsrichter oder eine Schiedsrichterin alles leistet und bewältigt. Dabei geht es nicht darum, Fehler schön zu reden oder gar unter den Teppich zu kehren. Kritikfähigkeit ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die ein Schiedsrichter mitbringen muss - aber man muss eben auch den Umgang mit Fehlern lernen, um nicht daran zu zerbrechen.

Es ist unserer Meinung nach sehr wichtig öffentlich zu zeigen und zu bewerben, was hinter dem Job an der Pfeife alles steckt. Was steckt eigentlich hinter einer Schiedsrichter-Bundesliga-Karriere? Was muss ein Schiedsrichter leisten? Wie organisieren wir das Ganze? Wie gehen wir mit Kritik und Fehlentscheidungen um? Wie bereiten wir uns auf Spiele vor? Was für eine Rolle spielen wir in der großen Handball-Welt? Wir freuen uns, beim Stadtwerk-Cup Rede und Antwort zu stehen und von vielen tollen Erlebnissen und positiven Ereignissen zu erzählen.

Der SHV hat eine Initiative gestartet, um mehr Frauen für das Referee-Amt zu gewinnen. Was braucht es aus eurer Sicht, damit sich mehr Frauen «trauen»?

Langfristig gesehen ist dies unserer Ansicht nach nur über Gleichberechtigung zu erreichen - mit allen Rechten, aber auch allen Pflichten. Optimalerweise beginnt das bereits an der Basis - wenn von Beginn einer Karriere keine Unterschiede aufgrund des Geschlechts gemacht werden, geht erst gar keine Leistungsschere auf, die später über spezielle Programme wieder geschlossen werden muss. Dies ist sicherlich ein Prozess und kann nicht von heute auf morgen Früchte tragen, aber er wird sich unserer Ansicht nach auf Dauer auszahlen. Wenn Frauen - wie an unserem Beispiel - sehen, dass es keine Grenzen gibt, kann dies als unheimliche Motivation dienen.

Als Spitzen-Schiedsrichterinnen, aber auch als Familienmütter seid ihr heute Vorbilder. Was habt ihr mit eurem Werdegang im Handball ins Rollen gebracht?

Wir sind sehr stolz, in der Zwischenzeit für viele Handballerinnen und Handballer als Vorbilder zu gelten. Mit Jutta Ehrmann-Wolf und Susanne Künzig hatten wir bereits große Vorbilder in Deutschland, die gezeigt haben, dass der "Bundesliga-Schiedsrichter" ein geschlechter-unabhängiger Job ist - in der heutigen Zeit der sozialen Medien können und müssen wir solche Vorbilderrollen noch viel mehr nutzen, um Ängste und Zweifel zu nehmen. Zwischenzeitlich ist es nach unserem Empfinden zur Normalität geworden, dass Frauen Spiele im ambitionierten Amateurbereich leiten - das war vor einigen Jahren noch eine Attraktion in Deutschland. Alleine daran sieht man, was in den letzten Jahren an Entwicklungsarbeit geleistet wurde und dass diese bereits Früchte trägt. Uns persönlich ist es aber auch immer ein großes Anliegen zu betonen, dass es nicht um Bevorteilungen oder Quotenregelungen gehen darf, sondern dass das Prinzip «Gleiche Rechte - gleiche Pflichten» gelten soll. Nur so kann man sich auf Augenhöhe begegnen und wird sich am Ende durchsetzen.

Zweiter Frauenpower-Treff

Unter dem Motto «Stronger Together» findet am Sonntag, 13. August von 10 bis 12 Uhr der zweite Event zur Förderung von Schiedsrichterinnen in St. Gallen statt. Der Anlass soll Platz zum Austausch schaffen, an dem unter anderem die deutschen Top-Schiedsrichterinnen Maike Merz und Tanja Kuttler zu Wort kommen werden. Ebenfalls wird die Schiedsrichterchefin des DHB, Jutta Ehrmann-Wolf und die Geschäftsführerin des neuen Schiedsrichterinnen-Sponsor AGILITA, Sandra Völler, vor Ort sein. Im Anschluss steht der Besuch der Spitzenspiele des Stadtwerk Cups an.

Interessierte Personen können sich bis Ende Juli über das Anmeldeformular (Link unten) bei den Veranstaltern melden. Der erste Frauenpower-Treff hatte Ende Januar in Lenzburg stattgefunden und neben Fragen der Aus- und Weiterbildung auch das Thema «weibliche Vorbilder» aufgenommen. Mit der Einladung der beiden deutschen Schiedsrichterinnen wird diesem Bedürfnis Rechnung getragen.

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37. Stadtwerk Cup in St. Gallen

Die 37. Ausgabe des Stadtwerk Cups findet vom 11. bis 13. August in der Kreuzbleiche St. Gallen statt. Neben dem LC Brühl werden auch die Titelverteidigerinnen von JDA Dijon und die Zweitplatzierten Ringkøbing Handball aus Dänemark mit am Start sein. Der kroatische Meister RK Lokomotiva Zagreb vervollständigt das Viererfeld.

Quelle: Carolin Thevenin (Text), DHB / LC Brühl (Bilder)

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