Die Rhein-Neckar Löwen sind erstmals an der europäischen Spitze angelangt. Beim EHF-Cup-Triumph in Nantes gehörte mit Andy Schmid (29) ein Schweizer zu den zentralen Figuren. In der Mannheimer Handball-Weltauswahl füllt der Luzerner Regisseur eine Rolle aus, wie sie einst Marc Baumgartner 1996 beim europäischen Coup mit Lemgo spielte. Schmid hat sich in der global besten Liga einen erstklassigen Namen geschaffen. Als Topskorer führte der charismatische Mittelmann die hoch dotierten Süddeutschen sowohl im Championat (143 Treffer) als auch auf europäischer Ebene (50 Tore) unter die Top-Teams.
Gegenüber der Sportinformation äusserte sich der Captain der Nationalmannschaft nach einem strapaziösen Fest-Marathon zur Bedeutung des Finalsiegs - und erzählte, wie sehr die Löwen unter der Erwartungshaltung und den unzimperlichen Methoden der unfairen französischen Gastgeber zu leiden hatten.
Wo ordnen Sie den europäischen Triumph mit den Löwen ein?
Andy Schmid: Für mich persönlich ist dieser Titelgewinn ein Meilenstein. Den Sieg in einem europäischen Endspiel stelle ich über alles, was ich bisher erlebt und erreicht habe. Meister oder Cupsieger zu sein, ist auch schön, aber im Europacup eine Trophäe zu gewinnen, stellt alles in den Schatten. An diesen nervenaufreibenden Tag erinnere mich lebenslang.
Zum zehnten Mal in Folge setzte sich im EHF-Cup ein Bundesligist durch. In Nantes hätte die Serie aber auch reissen können, oder?
Andy Schmid: Ich erlebte eines der schwierigsten und intensivsten Spiele meiner ganzen Karriere. Die Atmosphäre auf und neben dem Feld empfand ich als extrem ungemütlich. Die Franzosen erzeugten eine sehr aggressive Stimmung. In den ersten 20 Minuten spielten sie mehr Rugby als Handball. Die Grenze wurde mehrfach überschritten. Es gab Schläge ohne Ende und Provokationen. Aber wir steckten alles weg und hielten dagegen. Das ist auch ein Zeichen unserer Klasse.
Ihr Verein hat zuvor in fünf Jahren zweimal den Halbfinal der Champions League erreicht und verlor zwei weitere Finals. Wie fühlte es sich an, den Bann zu brechen?
Andy Schmid: Eine tonnenschwere Last ist abgefallen. Wir alle standen enorm unter Druck. Der Verein hatte ja noch nie einen Titel gewonnen. In Deutschland wurde der Klub jahrelang damit konfrontiert. Vor dem 'Final Four' redeten alle über unsere grosse Chance, dieser Leidenszeit ein Ende zu setzen - die Medien, die Fans, das Umfeld. Die Erwartungshaltung war gewaltig. Entsprechend ausgelassen haben wir nun auch gefeiert.
Wie reagierten die Anhänger?
Andy Schmid: Grossartig! Die Bedeutung des Europacup-Siegs ist riesig. Im letzten Heimspiel werden 13'000 Fans mit uns zusammen den Titel zelebrieren. Erfolge werden hier honoriert. Auch der Klub zeigt sich sehr spendabel und wird für uns eine Reise organisieren. Für das i-Tüpfelchen fehlen noch zwei Siege. Dann sind wir direkt für die Champions League qualifiziert, was nicht hoch genug einzuschätzen wäre.