In Peru finden derzeit die 17. Bolivarischen Spiele – eine Art kleiner Olympischer Spiele von Südamerika – statt. Erstmals überhaupt ist dabei auch die Sportart Handball vertreten. Als Technischer Delegierter und Schiedsrichterausbildner amtet dabei ein alter Bekannter aus der Schweiz: Der ehemalige NLA-Referee Markus Wipf.
Der 54-jährige Aargauer lebt und arbeitet seit zwei Jahren in Ecuadors Hauptstadt Quito als Projektleiter der Heilsarmee. Auf 2800 Metern über Meer engagiert er sich auch in einem Handballclub, der dreimal pro Woche Trainingseinheiten absolviert – zweimal unter freiem Himmel, einmal in der Dreifachturnhalle der deutschen Schule, die über einen Parkettboden verfügt. «Das sind für südamerikanische Verhältnisse irrsinnige Trainingsmöglichkeiten», sagt er. Zuletzt führte er dort auch Schiedsrichterkurse für Anfänger durch – und zwar eher notgedrungen, weil der nationale Handball-Verband, der eigentlich schon mehrmals Kurse für Referees anbieten wollte und Markus Wipf als Ausbildner verpflichtete, diese immer kurzfristig wieder absagte. Ganz allgemein hat es der Handballsport in Ecuador nicht allzu einfach. Seit fünf Jahren ist das Land zwar anerkanntes Mitglied des Weltverbands IHF, doch aufgrund einer Streitigkeit zwischen dem Nationalen Olympischen Komitee und dem Ministerium für Sport, die sich um Geld und Kompetenzen zanken, kann sich der Handball kaum weiterentwickeln. Dabei wäre durchaus Potenzial vorhanden. «Die Leute interessieren sich für das, was wir tun. Sie sind neugierig, wollen die Regeln kennenlernen und dem Sport beiwohnen», sagt Markus Wipf.
Umso schöner sind die derzeitigen Erlebnisse an den Bolivarischen Spielen in Peru, an denen die Handballer auf ihren Transfers sogar mit Polizeieskorten begleitet werden – obwohl dies aus Gründen der Sicherheit gar nicht nötig wäre. In den Städten Chiclayo und Trujillo stehen fünf Männer- und sechs Frauenteams aus Guatemala, Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Chile, Paraguay und Peru im Einsatz. Das Handballturnier wird, wie bei den Fussballern an den Olympischen Spielen, als U21-Meisterschaft ausgetragen, an der pro Team drei ältere, routinierte Akteure eingesetzt werden dürfen. Auch dabei sind sechs internationale Referee-Duos – drei erfahrene und drei Nachwuchs-Gespanne –, die von Markus Wipf beobachtet und ausgebildet werden. Der Kontakt für die Nomination kam über den Weltverband und den dort im Schiedsrichterwesen aktiven Schweizer Roland Bürgi zustande. Allerdings hat sich Markus Wipf, der in den Achtzigerjahren ein paar Jahre in Argentinien aktiv war, als Schiedsrichter in Südamerika schon früh einen Namen gemacht.
Markus Wipf, der für die Heilsarmee zahlreiche soziale Projekte betreut, leistet also auch aktive Entwicklungsarbeit, was den Handballsport angeht. «Das handballerische Niveau dieser Länder steckt verständlicherweise noch in den Kinderschuhen», sagt er, der das Level an den Bolivarischen Spielen etwa mit guten regionalen Junioren in der Schweiz vergleicht. «Das Spiel ist dabei noch komplett anders als in Europa. Normal werden zwei, drei Pässe gespielt, und dann bereits der Abschluss gesucht. So ein bisschen à la Beachhandball», sagt Markus Wipf. Zum Erlebnis an den Bolivarischen Spielen gehört auch die teils etwas abenteuerliche Organisation, in der zwar jeder ein Chef sei, die am Ende am dennoch immer funktioniere, wie er mit einem Lachen erzählt. Er freut sich aber vor allem darüber, dass der Handball diese neue Plattform erhält, um die Bekanntheit der Sportart in Südamerika voranzutreiben. Markus Wipf trägt seinen Teil dazu bei, dass den traditionellen Handball-Nationen vielleicht schon in nicht allzu ferner Zukunft neue Konkurrenz aus fernen Ländern erwächst. Aus Schweizer Sicht hätte man aber wohl nichts dagegen, wenn dies noch ein paar Jahre dauern würde.
Bildlegende: Markus Wipf (links) mit weiteren Handball-Offiziellen an den Bolivarischen Spielen.