12.05.2013
In der Reprise des letztjährigen Playoff-Finals ist die Rollenverteilung womöglich eine andere. Wacker, die selbstbewusste Nummer 1 der Finalrunde, will Schaffhausens dreijähriger Titelserie ein Ende setzen und Klubgeschichte schreiben. Die Kadetten benötigten bereits gegen Pfadi einen Sondereffort mehr als geplant, um ein frühzeitiges Out abzuwenden. Wegen einer Welle von Verletzungen und wegen diverser angeschlagener Spieler taumelte Schaffhausen temporär dem Abgrund entgegen. Im entscheidenden Moment beseitigte der Titelhalter die aufgekommenen Zweifel und deklassierte Winterthur 29:20.
"Das Resultat im fünften Spiel spricht für sich", stellt Peter Leutwyler zufrieden fest. "Das vorzeitige Scheitern ist uns also doch erspart geblieben." Zumindest mit einer Prise Sarkasmus ist die Bemerkung des Managers unterlegt. In Schaffhausen haben sie die teils negativen Prognosen der Beobachter selbstredend registriert - und auf den voreiligen Vertrauensentzug im sportlichen Sektor heftig reagiert. Anders ist die beeindruckende Lektion für den Herausforderer Pfadi nicht zu interpretieren.
In der entscheidenden Serie werden die Kadetten zwar weiterhin ohne ihre beiden verletzten Schlüsselfiguren Vaskevicius und Dissinger auskommen müssen, die übrigen Probleme im personellen Bereich dürften sich entschärft haben. Regisseur Kukucka beispielsweise kehrte am Donnerstag gegen Pfadi zurück und wird die Offensivkraft markant erhöhen. Shooter Stojanovic steht im Final ebenso wieder uneingeschränkt zur Verfügung.
Leutwyler wählt vor dem womöglich ungemütlichen Auftakt in Thun wohl auch taktisch bedingt die defensive Formulierung: "Chancenlos sind wir gegen Wacker sicher nicht." Die bewusst vorsichtig gewählte Einschätzung des Schaffhauser Strategen liesse sich mit ein paar Fakten relativieren. Vor und nach dem temporären Höhenflug von Amicitia Zürich (2008 und 2009) beherrschten die Kadetten die nationale Szene konkurrenzlos. Im aktuellen Kader steckt nicht nur überdurchschnittlich viel Qualität, sondern auch die Erfahrung von mehreren Champions-League-Kampagnen.
Unter normalen Umständen ist Schaffhausens Pole-Position im Prinzip unbestritten. Leutwylers Zurückhaltung entbehrt gleichwohl nicht jeglicher Grundlage. Innerhalb der letzten elf Monate funktionierte neben dem Parkett zu viel nicht wunschgemäss. Mit Matjaz Tominec kümmert sich mittlerweile bereits der dritte Trainer um die multinationale Auswahl. Von Petr Hrachovec und Urs Schärer trennte sich der Verein, ohne über die exakten Hintergründe für die Freistellung des Duos zu orientieren. Ausserplanmässige Rochaden in der Teamleitung sind zumindest ein Indiz für atmosphärische Störungen.
Wackers Devise: "Hart, aber fair"
In Thun verbreiten die Protagonisten Zuversicht. Der 1961 gegründete Klub signalisiert an allen Fronten seine Bereitschaft zur Meister-Premiere. Nach zwei Cup-Trophäen in Folge wähnt sich Wacker auf Augenhöhe mit dem NLA-Primus aus Schaffhausen - zumal der letzte Endspiel-Erfolg erst vier Wochen zurückliegt. "Wir erhalten nun erneut eine Chance, einen Final zu gewinnen, und wir wissen, wie es funktioniert", freut sich Wackers Coach Martin Rubin auf den nächsten Vergleich mit dem langjährigen Dominator der Liga.
Der frühere Weltklasse-Linkshänder hat während seines sechsjährigen Engagements in Thun eine Mannschaft mit erheblicher Schubkraft geformt, die keinen zimperlichen Stil pflegt, sondern bei Bedarf überaus hart zupacken kann. Die jüngste Auseinandersetzung mit Schaffhausen (30:26) artete phasenweise aus. Der Meister goutierte den "Rudelbildungs-Handball" nicht. Rubin lässt die gegnerischen Beschwerden an sich abperlen: "Das löst bei mir nur ein Lächeln auf den Stockzähnen aus. Vor einem Jahr hiess es, wir seien physisch nicht bereit."
Ihre rustikalen Mittel seien durchaus probat. "So wird international gespielt. Hart, aber fair", verteidigt Rubin sein schnörkelloses Konzept: "Wir spielen auf den Körper und loten die Grenzen aus." Seine Spieler hätten nach dem Sieg im letztjährigen Playoff-Halbfinal gegen Pfadi begriffen, was mit einer robusten und einer ultimativ leidenschaftlichen Gruppe auch gegen finanziell potentere Kontrahenten möglich ist.
Das Spiel ohne Kompromisse ist in Thun Programm. Aber die Mannschaft mit nur zwei gesunden Ausländern und lediglich einem aktuellen Schweizer Nationalspieler hat mehr zu bieten als ihre Wucht. Liga-Topskorer Lukas von Deschwanden markierte in 31 Spielen 179 Treffer. Im Tor brilliert Andreas Merz nahezu ausnahmslos, derweil Captain Roman Caspar auf der Mittelmann-Position zum eigentlichen Aufsteiger der Saison avancierte.
Rubin erweitert die Liste der Thuner Pluspunkte: "Ich kann nicht nur auf sechs bis sieben Spieler setzen, mir stehen 14 praktisch gleichwertige zur Verfügung." Dem in der Qualifikation erspielten Heimrecht misst Rubin grosse Bedeutung zu: "Wir haben zu Hause gegen Kadetten in dieser Saison nie verloren." Zum Heimvorteil trägt das euphorische Thuner Publikum seinen Teil bei - Rubin spricht in diesem Zusammenhang nur von der "grünen Wand".
Keine Champions League in Thun?
Nicht zum Höhenflug der Berner Oberländer passen indes die Spekulationen, wonach Wacker im Falle eines Titelgewinns den Verzicht auf die Teilnahme an der Champion League in Betracht ziehen könnte. Rubin dementiert die Gerüchte nicht: "Es gibt diesbezüglich Diskussionen im Verein." Mehr wisse er allerdings nicht. Er gehe davon aus, dass die Verantwortlichen eine zufriedenstellende Lösung finden werden.
Sollte Schaffhausen die Serie verlieren und Thun in der Champions League tatsächlich nicht antreten, wäre ein automatisches Nachrücken der Kadetten nicht möglich. Sie müssten sich via ein üblicherweise hochkarätig besetztes Wild-Card-Turnier (mit Teams aus Deutschland, Ungarn und Frankreich) qualifizieren. "Ein Verzicht wäre gleichbedeutend mit dem Verlust von wichtigen EHF-Ranking-Punkten. Der fixe Startplatz wäre weg!", warnt Kadetten-Manager Leutwyler vor einem "fatalen Szenario" für den Schweizer Klub-Handball.
NLA. Playoff-Final (best of 5):
Wacker Thun (1. Finalrunde) - Kadetten Schaffhausen (2.).
Programm. Spiel 1: 11. Mai, 17.30 Uhr/Thun. - Spiel 2: 16. Mai, 20 Uhr/Schaffhausen. - Spiel 3: 18. Mai, 17.30 Uhr/Thun. - ev. Spiel 4: 23. Mai, 20 Uhr/Schaffhausen. - ev. Spiel 5: 25. Mai, 17.30 Uhr/Thun.
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