Ingo Meckes: «Eine klare Planung ist möglich»

27.01.2014

Das Scheitern in der in der soeben abgelaufenen WM-Ausscheidung gegen Slowenien und die Ukraine kam für die Schweizer Handball-Experten nicht überraschend. Die SHV-Auswahl ist erneut im Umbruch. Es gibt nun aber Anzeichen, die auf eine Trendwende hindeuten. Ingo Meckes, der Leistungssportchef des Schweizerischen Handball-Verbands (SHV), zeigt im Interview mit der Sportinformation die Hintergründe des Aufbauprozesses auf.
 
 
Ingo Meckes, die Schweiz verpasst die zehnte Weltmeisterschaft in Serie. Wie fällt Ihre Bilanz der abgelaufenden Ausscheidung aus?
Ingo Meckes: Eine gewisse Enttäuschung ist beim Team natürlich zu spüren, weil sich die Spieler sehr viel vorgenommen haben. Klar ist auch, dass ein ganz weiter Weg vor uns liegt. Niemand durfte erwarten, bereits nach einer oder zwei Wochen unter dem neuen Coach eine Leistungsklasse weiter oben mitzuspielen.

Was stimmt Sie denn zuversichtlich?
Ingo Meckes: Man hat vor allem in den Partien gegen die Ukraine einen extremen Willen erkennen können. Jeder kämpfte unglaublich um den Erfolg – auch in den Phasen, als spielerisch nicht mehr alles funktionierte, war dieser Spirit sichtbar. Ich denke daran, wie es der Mannschaft gelungen ist, in Saporoschje einen Fünf-Tore-Rückstand aufzuholen.

Zahlreiche Exponenten der erfolgreichen U21-Equipe sind inzwischen im A-Team angekommen. Wie beurteilen Sie die Qualität der Talente? Sind sie schon bereit?
Ingo Meckes: Sie rechtfertigen unser Vertrauen bis anhin. Nicolas Raemy spielte bis zu seiner Verletzung einen hervorragenden Part. Ihn zähle ich bereits zu den Leistungsträgern. Marvin Lier präsentierte sich beim Yellow-Cup in guter Verfassung. Kevin Jud gehörte als Regisseur mehrmals zur Startsechs. Die Jungen bringen die richtige Mentalität für den Leistungssport mit.

Der Verband setzte in der Vergangenheit notgedrungen immer wieder und vergeblich auf die Jugend, weil sich die Hoffnungsträger im entscheidenden Moment zu Gunsten der beruflichen Bildung zurückgezogen haben.
Ingo Meckes: Eine klare Planung ist möglich. Von der neuen Generation empfange ich das eindeutige Signal: Wir setzen auf den Handball-Sport, wir wollen etwas erreichen. Das Ziel muss sein, künftig aus 20 bis 22 guten Spielern auswählen zu können. Der Konkurrenzkampf wird in Zukunft grösser sein als auch schon.

Kann Rolf Brack die angestrebte Entwicklung trotz knapper Zeitkapazität schon steuern?
Ingo Meckes: Die Zusammenarbeit ist gut angelaufen. Ich sehe sein Konzept, das er anstrebt. Aber für diesen Prozess benötigt man Zeit. Nach ein paar Trainingseinheiten und fünf Spielen greifen diese Mechanismen noch nicht zu hundert Prozent. Die Tendenz ist gut. Wichtig wird sein, uns in den nächsten beiden Partien ansprechend zu präsentieren und die Entwicklung voranzutreiben. Wir wollen die verbleibende Zeit optimal nutzen, um taktisch wieder einen Schritt zu machen. Es geht schon jetzt um eine Vertiefung des Systems.

Im April genügen Fortschritte nicht mehr. Gegen Estland kann sich die Schweiz im Playoff für die nächste EM-Qualifikation kein Scheitern leisten. Der Jugendbonus gilt dann nicht.
Ingo Meckes: Ich gebe Ihnen recht. In diesen Spielen darf uns nichts passieren. Wir spielen im April um die EM 2016. Verlieren wir das Playoff, sacken wir in der EM-Ausscheidungs-Kampagne in die Drittklassigkeit ab. Das wäre in der aktuellen Konstellation natürlich kein gutes Signal. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir diese Aufgabe lösen werden, auch wenn der Härtetest für einige Talente früh kommt. Wir werden die Herausforderung annehmen.

Gegen die Esten wird Brack erneut an der Linie stehen. Wie ist sein Status beim SHV nach der Freistellung beim Bundesligisten Balingen-Weilstetten nun generell geregelt?
Ingo Meckes: Uns wird er erst ab Juli 2014 im vollen Mandat zur Verfügung stehen. Daran änderte seine Situation in Balingen nichts. Bis April sind wegen des dichten SHL-Spielplans ohnehin keine zusätzlichen Nationalmannschafts-Termine vorgesehen. In der kommenden Saison ist in Absprache mit der Liga geplant, die Zusammenzüge auf bis zu vierzehn Tage auszudehnen, um gegenüber anderen Nationen einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. In diesem Projekt wird Brack natürlich eine tragende Rolle spielen.

Als Leaderfigur wäre im Prinzip Andy Schmid vorgesehen. Beim ersten wichtigen Termin nach der Neuausrichtung bezog ausgerechnet der Captain ein persönliches Timeout. Wie ist das vermittelbar?
Ingo Meckes: Das war für uns ein schwerer Schlag. Andy zählt im Angriff inzwischen zur Weltklasse. Die Ukraine verfügt mit Onufrienko über einen vergleichbaren Spieler. Er war dabei und schoss uns ab (17 Tore in zwei Spielen gegen die Schweiz). Die Absage war natürlich ein schlechtes Zeichen. Dessen ist sich Andy auch bewusst. Aber es hilft niemandem weiter, uns gegenseitig zu kritisieren und über die Situation zu lamentieren, zumal andere Führungsspieler wie Liniger und Graubner ihrer Verantwortung in bemerkenswerter Form nachgekommen sind. Wichtig ist für mich in erster Linie, dass wir gegen Estland mit dem bestmöglichen Team antreten können.

Ist mit dem Bundesliga-Star Schmid im April und auch danach in den folgenden Kampagnen wieder zu rechnen? Oder anders gefragt: Ein Rückzug steht nicht zur Debatte?
Ingo Meckes: Andy Schmid wird gegen Estland wieder dabei sein. Er wird auch weiterhin Nationalspieler sein. Wir benötigen während unseres Aufbauprozesses Kontinuität. Und nach den jüngsten Rückmeldungen bin ich sicher, dass Schmid ein Teil davon sein wird.
 
Source: Sven Schoch, Sportinformation (si)

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