Nationaltrainer-Kolumne: Die Analyse von Rolf Brack

06.11.2014

Der Schweizer Nationalmannschaft ist am Wochenende in den Länderspielen in Deutschland ein Steigerungslauf gelungen. Nach der 26:32-Niederlage in der ersten Begegnung holte sich die SHV-Auswahl am Sonntag in Ulm ein ebenso überraschendes wie verdientes 28:28-Unentschieden. Hier gibt es die ausführliche, ganz persönliche Analyse in der Kolumne von Nationaltrainer Rolf Brack.
 



Das Spiel vom Sonntag in Ulm war für uns ein sehr wichtiges Erfolgserlebnis und Erfolgsergebnis. Es ist ein erster Meilenstein für eine erfolgreiche Zukunft der A-Nationalmannschaft, der uns viel Zuversicht und Optimismus verleiht. Das Unentschieden gegen Deutschland war die Konsequenz aus einer perfekten Spielvorbereitung und der in den Trainingseinheiten zuvor geleisteten Arbeit. Es ist offenkundig gelungen, die Stärken der Spieler zu stärken und unsere Schwächen durch taktische Hilfen zu kompensieren.

Nach dem eher schmeichelhaften Resultat vom Samstag haben wir mit der Mannschaft eine rund 90-minütige Videoanalyse gemacht und die individuellen und auch mannschaftlichen Schwächen und Fehler konkret angesprochen. Unsere Führungsspieler haben sehr professionell auf die sachbezogene Kritik reagiert. Unter dem Motto «Tue zuerst das Notwendige, dann das Mögliche – und dann kannst du das Unmögliche erreichen» wurde aus den Erkenntnissen ein konkreter Matchplan für das zweite Spiel entwickelt. Und ich habe schon lange keine vergleichbar effektive Umsetzung eines Matchplans mehr erlebt. 

«Gerade die Jubelszenen nach dem Abpfiff dokumentieren, wie gierig und leidenschaftlich jeder Spieler aufgetreten ist.»

Die Mannschaft hat eine starke Taktik und gleichzeitig eine starke Teamleistung erbracht und das mit Abstand beste Länderspiel seit langer Zeit abgeliefert. Dies gilt für die ersten 40 Minuten mit einer 17:14-Führung und noch mehr für die letzten sieben Minuten, wo wir nach dem 21:24-Rückstand noch den sensationellen Ausgleich erzielen konnten. Gerade die Jubelszenen nach dem Abpfiff dokumentieren, wie gierig und leidenschaftlich jeder Spieler aufgetreten ist. Alle haben erlebt, was mit der notwendigen taktischen Disziplin und Leidenschaft möglich ist. Wir sollten daran glauben, auch schon kurzfristig das Unmögliche schaffen zu können. 

Die Fähigkeit, aus Resultaten zu lernen, ist für mich ein ganz wichtiges Kriterium in der Beurteilung eines Spielers und einer Mannschaft. Dieses Wochenende war umso bemerkenswerter, weil uns vor den beiden Länderspielen nur vier Trainingseinheiten Zeit blieb. Es ist offensichtlich gelungen, der Mannschaft klarzumachen, was das notwendige Abwehr-Grundverhalten jedes einzelnen Spielers ist. Es ging dabei zunächst darum, nur ein Grundverhalten perfekt umzusetzen, damit die Spieltaktik der Mannschaft hilft, ihre Stärken voll zu entfalten und ihre Schwächen möglichst gut zu kompensieren. Zudem wurde das mannschaftstaktische Grundverhalten im Bereich von unseren drei Haupt-Angriffs-Konzepten, vor allem bezüglich des Timings, anhand von Videobeispielen präzise aufgezeigt. Die Zusammenarbeit des Trainerstabs mit Assistenztrainer Petr Hrachovec und Kompetenzteam-Vertreter Adrian Brüngger war dabei sehr fruchtbar. Wir haben am Samstag auch bis tief in die Nacht hinein das Video des ersten Spiels analysiert.

Hervorzuheben gilt es die Auftritte unserer «neuen» oder jungen Mannschaftsmitglieder. Andreas Portmann, Roman Sidorowicz und Luca Mühlemann haben ihre in Lausanne und/oder Tunesien gezeigten Leistungen positiv unterstrichen und dürfen mittlerweile zum festen Stamm gezählt werden. Nikola Portner hat am Samstag mit einem guten Auftritt überzeugt. Tobias Baumgartner hat vor allem im ersten, aber auch im zweiten Spiel ein gelungenes Comeback in der Nationalmannschaft abgeliefert. Luca Linder hat im Spiel in Göppingen seine Qualitäten angedeutet. Valentin Striffeler hat sich als Gewinn herausgestellt, weil wir ihn in der Verteidigung auf der Zweierposition einsetzen können. Und Dimitrij Küttel war bereit, in seinem ersten Länderspiel in der entscheidenden Spielphase sogleich Verantwortung zu übernehmen.

«Unser wichtigster Erfolgsfaktor wird die Kontinuität sein.»

Die Bäume wachsen jetzt natürlich noch nicht in den Himmel. Nach der Findungsphase von Januar bis Juni haben wir aber nun den ersten Schritt in unserer ersten Entwicklungsphase gemacht. Unser wichtigster Erfolgsfaktor wird die Kontinuität sein. Das Phänomen, dass wir in beiden Spielen so zurückgekommen sind, zeigt aber, wie viele Potenziale freigeschöpft wurden. Die Spieler haben über den gesamten Lehrgang toll mitgezogen. Dieses Erlebnis und die Einstellung «Wer nicht aufgibt, kann alles erreichen» gilt es nun in unserem Kopf und in unserem Herzen für den Start in die EM-Qualifikation gegen Mazedonien und Frankreich mitzunehmen.

Rolf Brack, Nationaltrainer    »



Source: Marco Ellenberger (Text), www.groundshots.de (Titelfoto)

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